: Material für lustige Abende
Notizbuch: Alle Manuskripte Thomas Manns gibt es bald online zu lesen
Als Thomas Mann 1955 starb, ging sein Nachlass an die Schweiz. Aus dem Exil in Kalifornien kommend, ging der Schriftsteller mit Deutschland noch distanziert um, die letzte seiner Villen hat er sich dann ja auch in Zürich gekauft, wo er auch beerdigt liegt. Verwaltet wird dieser Nachlass von der ETH, der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, deren Ehrendoktor Thomas Mann war und die dafür das Thomas-Mann-Archiv eingerichtet hat.
Soweit ist das alles nichts Neues. Neu – und sowohl für Thomas-Mann-Fans wie seine Verächter interessant – ist nun aber, dass man diesen Nachlass bald vollständig im Internet durchstöbern können wird. Die Manuskripte der Romane und Erzählungen, die Briefe, Notizbücher, Reden, Aufsätze, alles. Damit kann man sich dann so manchen lustigen Abend machen.
Online recherchieren, was alles in Zürich liegt, konnte man bislang schon. Doch um die Sachen einzusehen, musste man schon selbst nach Zürich fahren; lesbar waren die Materialien nur im Lesesaal des Archivs. Nun allerdings werden sie peau à peau tatsächlich online gestellt. Mit umfangreiche Dokumenten zur Entstehung der „Buddenbrooks“ und zum „Joseph“ hat man jetzt schon angefangen, außerdem mit den Notizbüchern, den Essays von 1893 bis 1914 sowie Briefen aus dem Zeitraum von 1889 bis 1913. In den nächsten Jahren sollen weitere Teile des Nachlasses sukzessive einbezogen werden.
Etwas über die Hintergründe kann man auf hundertvierzehn.de, dem Internetmagazin des Fischer Verlags, erfahren, der ja der Hausverlag Thomas Manns war und ist und auch diese wahnsinnig akribische Werkausgabe herausgibt. Roland Spahr, der zuständige Lektor, erklärt: „Die Handschriften und Materialien, die im Rahmen der Ausgabe bereits ediert und analysiert worden sind, [werden] nach Absprache mit den Erben Thomas Manns ab sofort schrittweise und begleitend zur Edition online gestellt. Siebzig Jahre nach dem Todesjahr des Autors, also ab 2026, wird das Werk Thomas Manns frei zugänglich sein.“ Kurz gesagt: Ab dann kann man sich also frei Haus bei den digitalisierten Thomas-Mann-Materialien bedienen.
Katrin Bedenig, die Archiv-Leiterin, weist noch darauf hin, dass die Schenkung der Familie Mann nicht nur den gesamten literarischen Nachlass umfasst, „sondern auch die komplette Einrichtung des letzten Arbeitszimmers in Kilchberg mit allen Möbeln und Gebrauchsgegenständen, Kunstwerken und der vollständigen Privatbibliothek“. Um das zu sehen, muss man dann aber doch nach Zürich fahren. (drk)
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