: Öffentliches Geheul
Mitten in der Debatte um die Akzeptanz von Wölfen eröffnet in der Schorfheide ein Informationszentrum
Da stellen sich einem förmlich die Nackenhaare in die Höhe: Wer das neue Wolfs- und Herdenschutzinformationszentrum im Wildpark Schorfheide (Barnim) betritt, steht urplötzlich im Dunkeln, während Wolfsgeheul ertönt. Wildparkchef Imke Heyter kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Gleich zu Beginn spielen wir hier mit allen Klischees zum Thema Wolf“, sagt sie. Auf die kleine Provokation im Eingangsbereich der am Donnerstag offiziell eröffneten Einrichtung in Groß Schönebeck folgt im großen Ausstellungsraum jede Menge Information.
Auf einer riesigen, interaktiven Videowand gibt es den Wolf in Aktion zu sehen. Scherenschnittartig sind die europaweit streng geschützten Raubtiere im gemeinsamen Lebensraum mit dem Menschen dargestellt. Über einen Lichtpunkt im Boden können Szenen zum Verhalten von Wölfen wie Zuneigung oder Unterordnung aktiviert werden.
37 freilebende Rudel
Auf der gegenüberliegenden Seite der Ausstellung geht es um die wichtigsten Fragen zum Umgang mit dem Wolf, seine Biologie und Fakten zur Geschichte des vor 150 Jahren in Deutschland ausgerotteten Beutegreifers. Horizontal im Raum installiert ist eine Karte Brandenburgs, auf der sichtbar gemacht ist, wo die Tiere leben. Aktuell gibt es in der Mark laut Landesumweltamt 37 freilebende Wolfsrudel. Deren zunehmende Präsenz sorgt immer wieder für Debatten unter Tierschützern, Jägern und Schafzüchtern.
„Das Konzept gemeinsam mit dem Umweltministerium und versierten Berliner Ausstellungsmachern zu entwickeln, war viel Arbeit“, schildert Heyter. Die Wildpark-Chefin, bekennender Wolfsfan, hatte bereits vor zehn Jahren die Idee für ein Kompetenzzentrum zum Thema Wolf. „Um die Akzeptanz des Wolfes zu erhöhen, braucht es Information, ohne irgendetwas schönzureden“, lautet Heyters Credo. Bis zu 100.000 Besucher zählt der Wildpark pro Jahr. Da sei so ein Infozentrum genau richtig angesiedelt, glaubt sie.
Der Park beherbergt seit vielen Jahren zwei Wolfsrudel: Eines lebt ungestört in seinem weiträumigen Gehege und dient ausschließlich der Forschung. Das andere besteht aus fünf Tieren, die mit der Flasche aufgezogen worden waren, dadurch an Menschen gewöhnt sind und nicht gleich Reißaus nehmen, sobald sich Besucher nähern.
„Dass wir Tierhalter den Wolf nicht mögen, ist bekannt und wohl auch verständlich. Eigentlich brauchen wir mehr Schutz“, sagt Knut Kucznik, Vorsitzender des Schafzuchtverbandes Berlin-Brandenburg. Dieser Konflikt dürfe auch in dem neu eröffneten Zentrum nicht verschwiegen werden, fordert der Schäfer. (dpa)
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