: CDU bleibt unbeirrbar
Die Fraktion in Niedersachsen hört heute nur Befürworterinnen des Werbeverbots für Abtreibungen an
Von Eiken Bruhn
„Muss das Strafrecht geändert werden, um schwangeren Frauen mehr und/oder bessere Informationen zu geben?“ Zu dieser Frage will die CDU-Fraktion im niedersächsischen Landtag heute vier „anerkannte Expertinnen“ diskutieren lassen.
Denn der Paragraf 219a im Strafgesetzbuch verbietet Ärzt*innen, über Schwangerschaftsabbrüche in ihrer Praxis zu informieren. Seit einem Jahr liegen Anträge von FDP und Grünen vor, mit denen die rot-schwarze Landesregierung aufgefordert wird, sich im Bundesrat für eine Streichung dieses Paragrafen einzusetzen. Mitte Oktober hatte der CDU-Fraktionschef Dirk Toepffer überraschend mitgeteilt, dass der Fraktionszwang in dieser Frage aufgehoben sei. CDU-Abgeordnete hätten also selbst entscheiden können. Damit hatte der CDU-Mann der SPD-Fraktion ermöglicht, für die Abschaffung zu stimmen, die dies aus Rücksicht auf den Koalitionspartner nicht tun will. Doch dann hieß es, die Fraktion brauche noch eine Anhörung, um danach entscheiden zu können.
Klar ist schon vor der Anhörung: Die CDU will nicht wissen, was für eine Streichung des Paragrafen spricht. „Das wollen wir ja nicht“, sagte gestern ein CDU-Sprecher der taz. Drei der vier für heute geladenen Expertinnen bereits haben sich dafür ausgesprochen, das Gesetz nicht anzutasten. Dabei handelt es sich um Vertreterinnen der evangelischen und der katholischen Kirche sowie die Präsidentin der niedersächsischen Ärztekammer. Alle drei glauben, dass der Paragraf 219a dem „Schutz des ungeborenen Lebens“ diene. Er verhindere, dass ein Schwangerschaftsabbruch als normal dargestellt werde, so die vage bleibende Begründung.
Die vierte Expertin, die Strafrechtsprofessorin Susanne Beck von der Universität Hannover, wird immerhin für eine Reform werben. Beck ist Unterzeichnerin einer Stellungnahme des „Kriminalpolitischen Kreises“. Dieser hatte vor einem Jahr vorgeschlagen, nur Informationen zu verbieten, bei denen es um illegale Abbrüche geht. Das sind Fälle, bei denen die Beratungsvorschrift nicht eingehalten wurde oder die nach der 14. Schwangerschaftswoche stattfinden. Zudem schlägt der Kreis vor, das „Anpreisen“ von legalen Abbrüchen als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld zu bewehren.
Wie sinnvoll diese Vorschläge sind, hätte eine Vertreterin des deutschen Juristinnenbundes der CDU erklären können. Dieser hat dargelegt, dass das Werben für illegale Abbrüche, also für eine Straftat, ohnehin verboten ist. Zudem würden gleich mehrere Gesetze und berufsrechtliche Regelungen Mediziner*innen untersagen, ihre Leistungen „anzupreisen“.
Einig ist sich der Juristinnenbund mit dem Kriminalpolitischen Kreis immerhin darin, dass sich ein „Redeverbot“ über Abtreibungen ohnehin nicht durchsetzen lässt.
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