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Archiv-Artikel

Groovende Rollstuhlgiganten

WELTMUSIK „Staff Benda Bilili“, das einzigartige Kollektiv von acht an Polio erkrankten Musikern aus Kinshasa, spielt funkige Rumba Congolese

2003 war es, als Ricky Likabu die Nase gestrichen voll hatte. „Immer wieder die gleiche Leier, ich konnte die Vorurteile nicht mehr hören und gründete gemeinsam mit meinem Freund Coco ‚Staff Benda Bilili‘.“ Musik machen, den eigenen Kanal mit selbst geschriebenen Songs aufmachen und die Gesinnungs- und Leidensgenossen ein wenig aufklären, das war das Ziel.

Das Leben auf der Straße ist kein Spaß und Neuankömmlinge können da schon mal ein wenig Anleitung gebrauchen. Wer neu in Kinshasa eingetroffen ist und keine Ahnung hat, sollte sich zum Zoo begeben. Dort halten sich die acht Bandmitglieder von „Staff Benda Bilili“ zumeist auf. Und gegen Abend wird die Hymne der Band, das langsam dahintrabende „Polio“ intoniert, ein melodischer Appell für die Schluckimpfung. Die Bandmitglieder leiden an Kinderlähmung, „heute sind glücklicherweise die Impfquoten deutlich höher als zu meiner Zeit“, erklärt der 55-jährige Bandleader Likabu.

Als Troubadoure und Journalisten der Straße verstehen sich die acht teilweise auf Rollstühle angewiesenen Musiker. Unterhalten und informieren wollen sie. Damit ersetzen sie auf lokaler Ebene – und vor allem für die große Gruppe der Handicapé, der Versehrten – die Nachrichten. Sie dokumentieren aber auch den Alltag von rund 40.000 Straßenkindern in Kinshasa, die jeden Tag kämpfen müssen und kaum sichtbar sind.

Sichtbar wollen „Staff Benda Bilili“ endgültig werden, denn schließlich bedeutet ihr Name: „Das nicht sichtbare hervorbringen“. Zwei Filmemacher und ein französischer Produzent haben mitgewirkt, um „Staff Benda Bilili“ jetzt nach Europa zu holen. Hier werden sie mit dem alternativen Womex-Musikpreis geehrt.KNUT HENKEL

■ Mi, 28. 10., 21 Uhr, Fabrik, Barnerstraße 36