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Hamburgs „Cold Case“-Chef versetzt

Nach Ermittlungsfehlern und Schelte vor Gericht bleibt die Sonderkommission zwar erhalten, aber unter neuer Leiterin

Die Hamburger Polizei hat Konsequenzen aus Ermittlungsfehlern der „Cold Cases“-Einheit gezogen. Die Sonderkommission, die sich seit 2016 um ungeklärte Mordfälle aus den vergangenen Jahrzehnten kümmert, bleibt zwar erhalten, aber unter neuer Leitung. Eine personelle Neubesetzung in der Leitung sei „aus vorsorglichen, aber auch aus fürsorgerischen Gründen geboten“, heißt es am Donnerstag in der Erklärung von Polizeipräsident Ralf Martin Meyer.

Der bisherige Chef-Ermittler Steven Baack wird versetzt. Polizeisprecher Timo Zill bezeichnete den 38-jährigen Baack als leistungsfähigen und motivierten Mitarbeiter. Für den Kriminalhauptkommissar solle im Einvernehmen eine neue Aufgabe bei der Polizei gefunden werden. Seine Nachfolgerin wird die 39-jährige Kriminalhauptkommissarin Heike Uhde. Sie arbeitete lange in der Mordkommission und in der Abteilung für Organisierte Kriminalität und war zuletzt in der Pressestelle der Hamburger Polizei eingesetzt.

Ausgelöst hatte diese Entscheidung ein von der Cold-Case-Soko vermeintlich gelöster Fall aus dem Jahr 1980. Die Soko verhaftete Anfang Februar einen Verdächtigen wegen eines Mordversuchs vor 38 Jahren im Hamburger Stadtteil Steilshoop. Damals war eine 16-Jährige von einem Mann mit einem Messer beinahe getötet worden. Der Fall landete im August vor Gericht und am 24. Oktober wurde der Beschuldigte freigesprochen. In der mündlichen Urteilsbegründung hieß es, die Soko habe Zeugen getäuscht und den Hauptbelastungszeugen mit einer Belohnung zur Aussage bewegt. Die Vorsitzende Richterin kritisierte die Arbeitsweise der Soko scharf. Die Ermittler hätten dem Opfer eine suggestiv zusammengestellte Fotoserie vorgelegt, um den Angeklagten zu identifizieren.

Seit Ende 2016 kümmert sich in Hamburg eine eigene Spezialeinheit um ungelöste Altfälle. Die Sonderkommission hat bereits zwei Mordfälle gelöst. Doch einer der Täter war schon gestorben, der andere saß bereits wegen eines anderen Falls im Gefängnis. (dpa)

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