: Verwirrung um Nordkoreas Atompläne
Satellitenbildern zufolge baut Nordkorea sein Raketenprogramm aus. Das kommt nicht überraschend
Aus Seoul Fabian Kretschmer
Immer wieder hatten die USA das Regime von Nordkorea gedrängt, eine Liste ihrer Nuklearanlagen oder Raketenbasen vorzulegen – vergeblich. Nun haben Experten der Washingtoner Denkfabrik Center for Strategic and International Studies (CSIS) glaubhaft insgesamt 13 nordkoreanischen Raketenbasen identifiziert. Sie stützen sich dabei vorrangig auf kommerzielle Satellitenbilder. Diese belegen vor allem, dass Pjöngjang seine Raketenbasen über das Land verteilt untergebracht hat. Indizien sprechen zudem dafür, dass an vielen der Anlagen jüngst Wartungs- und Ausbauarbeiten durchgeführt wurden.
Der Bericht kommt zu einem denkbar heiklen Zeitpunkt. Die Verhandlungen über Nordkoreas atomare Abrüstung sind seit Monaten ins Stocken geraten.
Die New York Times hat jetzt in einem prominent platzierten Artikel auf der Titelseite Nordkorea einen „großen Betrug“ vorgeworfen. Viele weitere Publikationen folgten dem Aufschrei. Die Botschaft: Während Nordkorea nach außen hin von Abrüstung rede, rüste es hinten rum heimlich auf. Solche Rückschlüsse sind aber mehr als irreführend: Weder beim US-nordkoreanischen Gipfel in Singapur noch bei den bislang insgesamt drei innerkoreanischen Gipfeltreffen hat Kim Jong Un irgendeine Absichtserklärung bezüglich seines ballistischen Raketenprogramms abgegeben – weder, dass es Ort und Zahl seiner Stützpunkte preisgibt, noch dass es sie einseitig abrüstet.
Nicht ohne Gegenleistung
Ganz im Gegenteil: Nordkoreas Machthaber hatte während seiner Neujahrsansprache im Januar unmissverständlich erklärt, sich auf die Massenproduktion seiner nuklearen und ballistischen Sprengköpfe zu fokussieren. Sehr wohl angekündigt hat Pjöngjang den Ausbaustopp seiner Langstreckenraketen sowie Atomsprengköpfe – ein Versprechen, das es bislang wohl auch eingehalten hat.
Unter einigen renommierten Nordkorea-Experten sorgte die Einschätzung über die 13 identifizierten Raketenbasen für eine erhitzte Debatte: „Manchmal bekomme ich das Gefühl, dass einige Leute in Washington D.C. sich geradezu wünschen würden, dass Nordkorea eine Dummheit begeht – damit sie den unerwünschten Aussöhnungsprozess endlich beenden können“, twitterte etwa Rüdiger Frank, der das Institut für Ostasienstudien an der Universität Wien leitet. Südkoreas Präsidentenpalast reagierte mit deutlichen Worten: „Nordkorea hat niemals ein Abkommen unterschrieben, das die Schließung von Raketenbasen befiehlt. Es gibt auch keine Vereinbarung, die die Deklarierung der Anlagen vorsieht“, sagte Sprecher Kim Eui Kyeom.
Soviel ist klar: Nordkoreas Atomprogramm ist nach wie vor hochgefährlich. Die 13 vom CSIS identifizierten Militäranlagen betreffen das Kurzstreckenraketenprogramm, das nicht zuletzt zur Abwehr eines Militärschlags gegen das Land dient. Dass Nordkorea dieses von sich aus abrüstet, ohne dafür eine Sicherheitsgarantie Washingtons zu erhalten, ist unrealistisch.
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