Esther Slevogt
betrachtet das Treibenauf Berlins Bühnen
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Karl Ove Knausgård ist ein norwegischer Schriftsteller. Das sagt nicht nur Wikipedia, das ist auch tatsächlich so. Knaus schreibt gewichtige Werke, die auf mehrere Folgen angelegt sind. Allein sein autobiografisches Familienepos „Mein Kampf“ umfasst sechs Bände und mehrere tausend Seiten. Ein klarer Fall also für die Unterkomplexitätsspezialisten der Schaumstoffpuppenspieler von Das Helmi, die dieses Monument von Autor und Werk nun durch den Schredder ihrer Anarchofantasie jagen. „Das Helmi macht Knausgårds 5.000 Seiten!“ verkünden sie tatendurstig auf der Webseite vom Ballhaus Ost, das nicht zum ersten Mal zum Tatort für Das Helmis Verschaumstoffisierung berühmter Romane oder Filme wird. Diesmal wird uns mit dem Stück „Knausgård“ ein Horrorfilmpuppentheater versprochen. Und weil der Abend lang werden könnte, werden den Zuschauer*innen Tee und Kopfkissen gleich mit versprochen (Ballhaus Ost, 22.–25 11., 20 Uhr).

Die Mehrfolgigkeit von Phänomen wie Filmen beschäftigt auch die Dramatikerin und Regisseurin Nora Abdel-Maksoud. „Mit Fortsetzungen von Filmen ist es wie mit Regierungskoalitionen: Wenn du entdeckst, dass du ein totes Pferd reitest, steig ab“, heißt es dazu auf der Webseite des Gorki Theaters, zu dessen Ensemble Abdel-Maksoud gehört. „Ist das Pferd aber noch nicht ganz hinüber, gibt es genug Gründe weiterzumachen: Ein gut geöltes Team, jubelnde Massen, volle Kassen.“ „Sequel“ heißt folgerichtig ihr neuer Abend, mit dem sie in die Mainstreamlastigkeit unserer Tage pieksen will (Gorki Theater: „Sequel“, Premiere 23. November, jeweils 20.30 Uhr).

Die anämische SPD ist auch so ein Thema. Sie schrumpft und schrumpft, während sich parallel dazu die Rechtspopulisten überall immer weiter aufblähen. In einem kleinen Lokal in einer Provinzstadt bereitet die SPD-Ortsgruppe unter der Überschrift „Italienische Nacht“ eine Festivität vor. Rechtsextreme Verbände am gleichen Ort möchten lieber einen „Deutschen Tag“ veranstalten. Das ist natürlich mehr als nur ein Interessenskonflikt. Verhandelt wird die Geschichte in einem Stück, das der Dramatiker Ödön von Horváth im Jahr 1931 schrieb – als die Rechte schon einmal Anlauf nahm, die Demokratie zu schlucken. In der Schaubühne hat sich Thomas Ostermeier des „Volksstücks in sieben Bildern“ nun angenommen, wie Horváths Drama im Untertitel heißt. Ostermeier, der hier nun ein weiteres Mal auf dem Theater den Aufstieg des Rechtspopulismus zum Thema macht: und die Rolle, die zu defensiv agierende Demokrat*innen dabei spielen (Schaubühne, Premiere 23. 11., 20 Uhr).