meinungsstark:
Das „Rangspiel“ der Männer spielen
„Regel Nummer 1: Nicht lächeln. Regel Nummer 2: Pausen machen“, taz vom 12. 10. 18
Ein nicht mehr ganz junger weißer Mann coacht Frauen in Führungspositionen. Er erklärt ihnen, dass Männer vertikal denken, und übt mit ihnen, auf derselben Ebene zu reagieren. Frauen sollen lernen, das „Rangspiel“ der Männer genauso gut zu spielen. Nützlich ist sicher, sich Denkmuster und Prozesse bewusst zu machen. Aber sich dann anzupassen? Wenn alle Frauen gut gecoacht sind, haben wir dann eine gleichberechtigte Gesellschaft, die genauso vertikal und machtorientiert ist wie die weitgehend männlich geprägten Gesellschaften?
Frauen sollten den Anspruch haben, nicht nur sich durchzusetzen, sondern auch einen anderen Umgang durchzusetzen. Und inzwischen gibt es auch unter Führungskräften Männer, die das auch wollen. Wenn eine Frau in einer Führungsrunde sexistisch beleidigt wird („Es wäre noch interessanter, wenn sie noch einen Knopf aufmachen“), kommt es mir wie eine Niederlage vor, das als legitime Spielerei zu akzeptieren und streng, aber humorvoll zu antworten: „Wenn Sie etwas nichts angeht –PAUSE – dann ist das ein Knopf.“ Wäre es nicht mutiger und befreiender zu sagen: „Moment. Liebe Kollegen, haben Sie gehört, dass Herr X mich hier sexistisch beleidigt? Stört Sie das nicht?“ – Für den unwahrscheinlichen Fall, dass es keine Unterstützung gibt, fortfahren: „Also mich stört es. Und ich gehe davon aus, dass das nie wieder vorkommt. Da Herr X vom Thema abgelenkt hat, möchte ich jetzt noch einmal meinen Punkt wiederholen.“ In vielen Organisationen würde sich bereits heute der Mann mit dem Knopf auch vor seinen männlichen Kollegen unmöglich machen. Rebecca Nansen, Berlin
Das ist kein Skandal
„Portrait: Lara Alqasem steht vor Gericht“, taz vom 18. 10. 18
Schon die Überschrift führt in die Irre: Lara Alqasem „steht“ nicht vor Gericht – das hieße ja implizit als Angeklagte –, sondern sie klagt dort, um einreisen zu dürfen. Dass ein Rechtsstaat – in diesem Fall ein in seiner Region bedrängter – wie Israel sich entscheidet, Menschen, die zum Boykott aufrufen, die Einreise zu verwehren, kann man kritisch diskutieren, was in Israel offenbar auch geschieht, aber es ist kein Skandal. (Ein Skandal sind viel eher die geflüchteten Afrikaner in Lagern in der Wüste.) Es ist erst recht kein Skandal, wenn der Rechtsstaat Alqasem nicht umstandslos zurückschickt, sondern vom Transitbereich des Flughafens aus auf Einreise klagen lässt. Ich finde das eher ein Zeichen dafür, wie viel Rechtsstaat in Israel noch funktioniert. Silke Karcher, Berlin
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