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Archiv-Artikel

Beinfreiheit für Peer

SPD Auf dem NRW-Parteitag hat Steinbrück seinen ersten Auftritt als Kanzlerkandidat und wirbt um Vertrauen. Die Parteilinke fordert von ihm ein soziales Wahlprogramm

„Wir brauchen ein klares Profil als linke Volkspartei“

SASCHA VOGT, JUSO-CHEF

VON SIMONE SCHMOLLACK

BERLIN taz/dpa | Er stiehlt ihr gleich mal die Show. Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, muss sich am Samstag in Münster auf dem SPD-Landesparteitag mit einem „Wenn Sie mich freundlicherweise mal durchlassen würden?“ nach vorn drängeln. Denn da steht er schon: Peer Steinbrück. Gelassen, lächelnd, selbstsicher.

Seit am Freitag bekannt wurde, dass der 65-Jährige im Bundestagswahlkampf gegen Angela Merkel (CDU) antreten wird, richtet sich alle Aufmerksamkeit auf ihn. Dagegen kommt selbst die beliebte „Landesmutter“ kaum an. „Willkommen zu Hause“, begrüßt sie in Münster den Mann, der selbst mal NRW-Landeschef war. 2002 trat er die Nachfolge von Wolfgang Clement an, der damals Bundesarbeitsminister wurde. Die Landtagswahl 2005 verlor Steinbrück allerdings kläglich, Jürgen Rüttgers (CDU) übernahm das Amt.

Münster, das ist für Steinbrück der erste große Auftritt als Kanzlerkandidat. Hier muss er glänzen, das weiß er. Er spricht davon, dass Schwarz-Gelb abgelöst werden müsse, er wirbt um Vertrauen für seine Person. Er sagt Sätze wie „Das Programm muss zum Kandidaten passen, der Kandidat zum Programm.“ Und: „Ihr müsst dem Kandidaten an der einen oder anderen Stelle auch etwas Beinfreiheit einräumen.“ Das alles reicht für einen minutenlangen Applaus. Als Hannelore Kraft mit 99 Prozent als SPD-Landeschefin im Amt bestätigt wird, ist Steinbrück schon wieder weg.

In Münster schien es leicht zu sein für den Mann, den der Politikberater Michael Spreng als „sperrigen Kandidaten“ bezeichnet. Steinbrück fehle „Nestwärme“, sagt Spreng in der aktuellen Ausgabe des Magazins Cicero: „Er ist für den linken Flügel kein Kuschelkandidat.“ Die Parteilinken fordern von Steinbrück unter anderem mehr Engagement in der Rentenfrage.

„Wir brauchen ein klares Profil als linke Volkspartei“, sagte Juso-Chef Sascha Vogt der taz. Die Jusos erwarten von Steinbrück ein Wahlprogramm, das prekäre Beschäftigungsverhältnisse geißelt, sich für eine Ausbildungsplatzgarantie ausspricht und mehr in Bildung investiert. Die Jusos haben eine klare Vorstellung für eine künftige Koalition. „Rot-Grün“, sagt Vogt.

Das dürfte schwer werden. Der jüngsten Umfrage von Infratest-dimap zufolge haben SPD und Grüne zusammen keine Mehrheit. Für eine große Koalition würde es reichen. Aber dafür stehe er nicht noch einmal zur Verfügung, wiederholt Steinbrück in Münster. Unter Merkel war er von 2005 bis 2009 Finanzminister.