piwik no script img

berliner szenenDer hat immer was zu sagen

Mein Rucksack klimpert und knackt, im Supermarkt steuere ich auf den Pfandautomaten zu. Ein Mann schiebt gerade den Inhalt seiner zwei großen Tragetaschen nacheinander in die Maschine. Die fängt an zu piepsen, voll. Wir warten kurz, ein Supermarkt-Mitarbeiter kommt. Er wirft einen Blick auf die großen Taschen des Mannes und meckert: „Keen Wunder, wenn man immer mit so vielen Flaschen kommt. Mit Säcken voll!“ – „Es kann ja wohl jeder so viel Pfand abgeben wie er will“, sage ich. „Der kommt jeden Tag her“, erwidert der Mitarbeiter und ruckelt am Container des Automaten.

Der Mann mit den Taschen hat sich ein Stück zur Seite gestellt, um Platz zu machen. Er sagt nichts. Ich entgegne: „Wo soll man den denn sonst hinbringen, irgendwo muss man den Pfand doch abgeben.“ – „Handelsübliche Mengen, hamse davon schonma was gehört?“, pampt der Mitarbeiter zurück. Hinter mir stehen mittlerweile zwei weitere Leute an. Sie schauen eher unbeteiligt als genervt. „Ist doch egal, den Pfand gibt’s und jemand gibt ihn halt ab“, antworte ich. Der Mitarbeiter verschwindet mit dem vollen Sack leerer Flaschen im Hinterraum. „Der hat immer was zu sagen“, sagt der Mann mit den zwei Taschen zu mir. „Der war vorhin schon schlecht gelaunt“, kommentiert eine Frau aus der Schlange lächelnd.

Es leuchtet grün am Automaten und der Mann entleert seine zweite Tasche hinein. Ich drehe mich um, wie die Stimmung so ist, mittlerweile stehen drei Leute hinter mir. Niemand schimpft, niemand trippelt von einem Bein aufs andere. Ich bin dran, und spüre immer noch keine stechenden Blicke im Rücken. Als ich weiter durch den Laden laufe, sehe ich, wie der Mitarbeiter schon wieder einen Behälter am Automaten wechselt. Rumpampen ist doof, aber das Pfandsystem selbst auch.

Marion Bergermann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen