Neun mehr für die Rettung der Welt

Weitere US-Bundesstaaten schließen ein Klimaschutzabkommen. Damit sind sie nicht allein: Seit Jahren starten Gemeinden und Städte lokale Programme zur Reduktion der Treibhausgase. Vielen Umweltschützern ist das aber noch zu wenig

VON SUSANNE GÖTZE

George Bush wird zum letzten Mohikaner in Sachen Klimaschutz. Einsam kämpft er nicht nur gegen den „Wind of Change“ in der globalen Klimapolitik. Auch in seinem eigenen Land – das als weltweit größter Treibhausgasproduzent gilt – erkennen Politiker und Unternehmen die Zeichen der Zeit und starten mit CO2 Sparmaßnahmen.

Neun Bundesstaaten – darunter Connecticut, Delaware und Massachusetts – haben sich jetzt unter der Führung von New York für ein Klimaschutzabkommen zusammengeschlossen. Noch ist das Papier nicht verabschiedet aber ein veröffentlichtes Memo dokumentiert, dass die Emissionen der betroffenen Kraftwerke auf den aktuellen Stand eingefroren und bis 2020 um 10 Prozent reduziert werden sollen. Dies entspräche den Reduktionsverpflichtungen des Kioto-Protokolls: 7 Prozent weltweit weniger Kohlendioxid im Jahr 2012 – bezogen auf 1990.

Die neun Bundesstaaten wollen die Reduktion etwa durch Förderung erneuerbarer Energien und den Emissionshandel erreichen. Nach endgültiger Absegnung des Abkommens soll es in den Bundesstaaten Gesetzeskraft bekommen und auf andere Bundesstaaten abfärben. Die Initiatoren hoffen, dass so der Druck aufs Weiße Haus wächst und schließlich ein nationales Klimaschutzgesetz entsteht.

Dabei geht es den Gouverneure nicht nur um den Klimawandel. Viele Städte im Nordosten wie New York sind von saurem Regen betroffen, der maßgeblich durch Emissionen der Staaten im Mittleren Westen verursacht wird. Mehrere Nordoststaaten hatten sich deshalb vor Jahren schon einmal zusammengeschlossen, um gegen die Kohlekraftwerke der Weststaaten zu klagen. Doch auch der CO2-Ausstoß der Nordostregion ist gewaltig: Er entspricht ungefähr dem Niveau von ganz Deutschland.

Kein Zufall, dass die Initiative der neun Bundesstaaten gerade jetzt entsteht: Zum wiederholten Male hatte US-Präsident George W. Bush auf dem G-8-Gipfel in Schottland den Beitritt zum Kioto-Protokoll ablehnt. Der Republikaner George Pataki, Gouverneur von New York, hatte Bushs Klima-Nichtpolitik zuletzt immer heftiger attackiert.

Vorbild der „Neun“ ist die „Western Governor’s Association“ – 18 westliche Bundesstaaten hatten sich 1997 in einem Abkommen zu mehr Energieeffizienz und mehr Klimaschutz verpflichtet. Zu den Akteuren der „Western Governor’s Association“ gehört auch Kaliforniens Gouverneur Arnold Schwarzenegger, der sich Anfang Juni das ehrgeizige Ziel gesetzt hat, mittels Stufenplan die Emissionen bis 2050 um 80 Prozent zu senken – unter das Niveau von 1990.

Vorbildhaft für die „Neun“ sind auch eine Reihe von Bürgermeister- und Städteinitiativen.

Zum Beispiel das Klimabündnis von 166 Bürgermeistern: Bis 2012 wollen sie den Ausstoß von Treibhausgasen Kioto-gemäß um 7 Prozent senken – ein eindeutiger Protest gegen die Bundespolitik von Präsident Bush. Amerikanische Umweltschützer sind dennoch unzufrieden. Auch mit der neuen Initiative: „Es ist gut, über Reduktionen zu verhandeln, trotzdem sind die gesteckten Ziele wenig ehrgeizig“, erklärte Robert Moore, geschäftsführender Direktor der „Anwälte der Umwelt“ der New York Times.

Natürlich: Bundesumweltminister Jürgen Trittin lobt solche Klimaschutzinitiativen. Wissenschaftler wie Friedemann Müller sehen die amerikanische Klimapolitik dagegen weiterhin skeptisch. Der Klimaexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik: „Es ist fraglich, ob die US-Bundespolitik mit Einzelinitiativen umzusteuern ist.“ Viele der Klimakampagnen zielten eher auf Medienaufmerksamkeit und die Aufbesserung des politischen Images ab statt auf einen ernsthaften Umbau der Wirtschaft. Müller zweifelt deshalb an der Vision von „Klima-Kettenreaktionen“ in den USA. Auch wegen des kleinlichen Hin und Her in der Klimapolitik Europas. „Was wir brauchen, sind neue Technologien und Visionen einer ganz anderen Größenordnung.“