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Geste statt Glamour

Verfolgter Filmemacher statt Jamie Lee Curtis: Das Filmfest Hamburg entscheidet sich gegen Stars auf dem roten Teppich

Von Wilfried Hippen

Glamour oder politische Geste? Bei der diesjährigen Verleihung des Douglas-Sirk-Preises entschied sich der Leiter des Filmfest Hamburg, Albert Wiederspiel, gegen einen Starauftritt auf dem roten Teppich. In früheren Jahren begrüßte er dort Tilda Swinton und Catherine Deneuve. Diesmal hat sich Wiederspiel dafür entschieden, einen verfolgten Künstler zu unterstützen.

Der Filmemacher Jafar Panahi wurde in seiner Heimat Iran zu 20 Jahren Berufsverbot und einer sechsjährigen Haftstrafe verurteilt. Dennoch macht er weiter Filme, die dann in den Westen geschmuggelt werden. 2015 gewann „Taxi Teheran“ den Goldenen Bären der Berlinale. In Hamburg feiert sein neuer Film „Drei Gesichter“ Deutschlandpremiere. Pahani selbst hat Ausreiseverbot, den Preis wird seine Tochter für ihn entgegennehmen.

Diese Entscheidung ist auch deshalb bemerkenswert, weil Wiederspiel es sich viel leichter hätte machen können, denn mit Jamie Lee Curtis kommt ein Hollywoodstar nach Hamburg. Ihre besten Zeiten mögen vorbei sein, aber bei einer Preisverleihung hätte sie sich gut gemacht, und dass Preise aus einem Festival oft an jene vergeben werden, die kommen, um Werbung für ihre neuen Filme zu machen, ist ja bekannt.

Bekannt wurde Jamie Lee Curtis durch den Film „Halloween“ von John Carpenter, in Hamburg stellt sie die inzwischen zehnte Fortsetzung des Horrorfilms vor. Dies ist nun allerdings kein Film, den man anlässlich der Verleihung eines renommierten Filmkunstpreises zeigen möchte.

Bis zum 6. Oktober werden in Hamburg 138 Filme aus 57 Ländern gezeigt. Darunter das frisch in Venedig mit dem Goldenen Bären prämierte Drama „Roma“ von Alfonso Cuarón. Auch dies ist ein Politikum, denn der Film wurde für den Streamingdienst „Netflix“ gemacht, dessen Produktionen von einigen Filmfestivals nicht gezeigt werden.

Bruno Ganz wird nicht nach Hamburg kommen, obwohl er in der Adaption des Romans „Der Trafikant“ von Robert See­thaler wieder einmal eine der bekanntesten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts verkörpert. Nach Adolf Hitler in „Der Untergang“ spielt er jetzt Sigmund Freud in den letzten Jahren seines Lebens.

Wie in jedem Jahr wird auf dem Filmfest auch wieder eine Jahreslese von NDR-Produktionen vorgestellt. Darunter die in Cannes hochgelobte Adaption des Buchs „Another Day of Life“, in dem der polnische Kriegsreporter Ryszard Kapuściński vom Bürgerkrieg in Angola im Jahr 1975 erzählt. Die Dokumentation von Raúl de la Fuente und Damian Nenow ist eine Mischung aus Animationssequenzen und aktuellen Interviews mit Zeitzeugen.

Doku-Dramen, also Spielfilme, die auf historischen Fakten beruhen, sind zurzeit beliebt. Gemeinsam mit dem Fernsehsender Arte hat der NDR das „Das Geheimarchiv im Warschauer Ghetto“ von Roberta Grossmann produziert. Darin geht es um eine Gruppe von jüdischen Männern und Frauen, die im Warschauer Getto Tagebücher versteckt und so die Erinnerung an ihre Existenz und ihre Kultur lebendig gehalten haben.

bis 6. 10., Hamburg. Programm: www.filmfesthamburg.de

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