: Berghain, Döner und Späti, this is Berlin
EXIL Funkommunity sind dabei, Berlin in Richtung neuseeländisches Winterquartier zu verlassen. Heute spielen sie noch mal live
Noch ein paar Wochen, dann ist das Abenteuer vorbei. Dann werden Funkommunity nach gut drei Monaten in Berlin wieder ins heimische Neuseeland zurück kehren. Sie werden ein paar neue Fans zurücklassen, aber dafür das Gefühl mitnehmen, dass ihre Musik auch im Rest der Welt Interesse finden könnte. Ja, erzählt Isaac Aesili, die Reise hat sich auf jeden Fall gelohnt. „Aber noch haben wir von Europa gar nicht so viel gesehen“, sagt der Multiinstrumentalist, Produzent, DJ und Mastermind von Funkommunity. „Wir müssen unbedingt wiederkommen.“
Für Aesili war es nicht der erste lange Auslandsaufenthalt. Im Sommer 2011 hatte er bereits fünf Monate in Hamburg verbracht und sich vor allem als DJ über Wasser gehalten. In diesem April kam er wieder nach Deutschland, im Juli folgte der Rest der Band nach. Man zog in eine Wohnung in Prenzlauer Berg. Im Gepäck hatten Funkommunity ihr erstes, bereits in Neuseeland erschienenes Album „Chequered Thoughts“.
Das war von der Kritik bereits ausführlich gelobt worden dafür, ein warmes, jazziges Klangbild aus den seligen siebziger Jahren behutsam in die Moderne zu führen und hier mit aktuellen Erkenntnissen aus dem HipHop zu verknüpfen. Mit ihrem Debüt erfanden Funkommunity zwar nicht eben die Popmusik neu, aber sie füllten eine Lücke, die entstanden war, seit Erykah Badu nicht mehr mit den Roots zusammen aufnimmt.
Berlin, findet Aesili, ist ein guter Ausgangspunkt, um den Anlauf auf eine internationale Karriere zu beginnen. „Die Stadt ist viel offener als andere“, sagt er, „das liegt wahrscheinlich daran, dass Berlin noch eine junge Kulturmetropole ist. New York oder London sind viel härter für Musiker. Ich habe Freunde, die leben seit fünf Jahren in London und bekommen immer noch keine Gigs.“ Nicht zu unterschätzen für eine Band, die noch nicht etabliert ist, sind natürlich auch die immer noch konkurrenzlosen Lebenshaltungskosten: „Außerdem sind die Mieten und das Essen viel billiger.“
Slowakien rockt
Allzu ausführlich hat sich die Band trotzdem nicht in Berlin aufgehalten. Den Sommer hat man genutzt, bei dem einen oder anderen Festival aufzutreten und herauszufinden, ob auch im Rest Europas Interesse am neuseeländischen Funk besteht: Funkommunity spielten nicht nur in Köln, Recklinghausen, Hagen und gleich an drei Tagen hintereinander in Frankfurt am Main, sondern auch in London, Paris und Amsterdam. Im September absolvierten sie schließlich mehrere Termine in der Slowakischen Republik, bei denen, wie Aesili berichtet, die Clubs überraschend gut gefüllt waren.
Funkommunity sind nicht die erste neuseeländische Band, die Berlin als sommerliche Ausgangsbasis nutzt. Vor allem Ladi6, gute Freunde von Funkommunity, kamen schon 2010 das erste Mal, um möglichst viele Konzerte im Europa zu spielen. „Das liegt nun mal nahe“, erzählt Aesili, „in Neuseeland gibt es nur drei größere Städte, wenn wir auf Tour gehen wollen.“
In Berlin, sagt Aesili, habe er sich schnell heimisch gefühlt: „Wenn ich einen Döner esse oder mit Bier im Spätkauf hole, dann ist das für mich Berlin. Aber der typischste Berlin-Moment war ein Sonntagnachmittag im Berghain mit Minimal Techno.“ Dieses Klischee hat Spuren hinterlassen: Von den Songs, die Aesili hier geschrieben hat, ist zumindest einer inspiriert vom Techno Berliner Prägung.
Aber jetzt wird es Zeit, Abschied zu nehmen. Die Band fliegt Ende Oktober, Aesili wird in abgespeckter Form, nur mit Sängerin Rachel Fraser, noch ein paar Gigs in Japan spielen und dann auch nach Neuseeland zurückkehren. Seine Heimat für die Musik ganz zu verlassen, darüber hat er schon einmal nachgedacht. Es gibt da allerdings ein großes Problem: „Ich würde den Winter in Europa nicht aushalten.“ THOMAS WINKLER
■ Funkommunity live bei „10 Jahre Melting Pop Music“: 4. Oktober, 20 Uhr, Festsaal Kreuzberg