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das portraitJonas Schmidt-Chanasit und die toten Amseln

Kam durchs Reisen zum Beruf: Virologe Jonas Schmidt- Chanasit Foto: dpa

Jonas Schmidt-Chanasit bekommt gruselige Päckchen. Rund 200 Privatpersonen haben dem Virologen tote Amseln per Post geschickt, aber nicht zu ihm nach Hause, sondern an seine Arbeitsstelle, das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg. Die Vögel sind wahrscheinlich an dem südafrikanischen Usutu-Virus gestorben. Das findet Schmidt-Chanasit heraus, indem er die Vögelchen seziert. Bislang wurden 132 Amseln von ihm und seinen Mitarbeiter*innen untersucht. Etwa ein Drittel der Vögel trugen das Virus in sich.

Für den 39-jährigen Humanmediziner sind tropische Infektionskrankheiten besonders spannend. „Europäische Kinderkrankheiten wie Mumps oder Masern finde ich weniger interessant“, sagt der 39-Jährige und lacht. Der studierte Humanmediziner machte im Jahr 2006 seinen Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie in Frankfurt am Main und Hamburg. Sein Interesse für tropische Infektionskrankheiten entwickelte er auf Reisen. „Es kam eins zum anderen. Ich habe als Student nicht darauf hingearbeitet, in der Arbovirologie zu landen. Reisen in tropische Gebiete haben mich auf diese Fachrichtung gebracht“, sagt Schmidt-Chanasit.

Manchmal reist aber nicht der Forscher, sondern das Virus. Jonas Schmidt-Chanasit erklärt, dass der Erreger des Usutu-Virus durch eine Mücke in einem LKW nach Norddeutschland gekommen sein könnte.

In Süddeutschland ist Schmidt-Chanasit das Virus bereits 2010 begegnet. Der heiße Sommer begünstigte im Norden die Verbreitung. Mehr Mücken, mehr Infektionen. Rund 2.200 Amseln sind hier verendet.

Jonas Schmidt-Chanasit rechnet aber nicht mit dem Aussterben unserer heimischen Amsel. Er rät jedoch zur Vorsicht, da sich das Virus auch auf den Menschen übertragen kann. Doch bisher seien nur zwei Fälle bekannt, sagt der Wissenschaftler. Seine Aufgabe ist es nun, die Zahl der an dem Usutu-Virus erkrankten Vögel zu erfassen. Yasemin Fusco

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