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So teuer kann sozial sein

Die Wohnungsbaugesellschaften schöpfen ihre Mieterhöhungs­potenziale voll aus

Von Erik Peter

Die sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften haben im vergangenen Jahr insbesondere bei Neuvermietungen kräftig zugelangt. Das geht aus einer noch unveröffentlichten Studie der Wohnraumversorgung Berlin hervor, jener Anstalt, die Anfang 2017 infolge des Mietenvolksentscheids genau dafür gegründet wurde, Howoge, Gesobau und Co. auf die Finger zu schauen.

Laut der Berliner Zeitung verlangten die Unternehmen 2017 bei Wiedervermietungen durchschnittlich 7,09 Euro pro Quadratmeter. Mit der Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte (WBM, Stadt und Land sowie Gesobau) bewegen sich drei Gesellschaften über der 7-Euro-Marke. Der Jahresbericht der Wohnungsbaugesellschaften 2016 wies beim Abschluss neuer Mietverträge noch einen Wert von 6,40 Euro pro Quadratmeter auf. Die Steigerung beträgt somit mehr als 10 Prozent. Begründet werden die deutlichen Mieterhöhungen mit den insgesamt noch viel höheren Preisen auf dem Berliner Immobilienmarkt. Die durchschnittliche mittlere Angebotsmiete aller Wohnungen belief sich im Jahr 2017 auf 10,15 Euro.

Der Bericht der Wohnraumversorgung Berlin überprüft die Einhaltung der Kooperationsvereinbarung zwischen dem Senat und den Wohnungsbaugesellschaften, die Anfang 2017 getroffen wurde und die Gesellschaften auf einen sozialeren Kurs verpflichtet. Darin wurde festgelegt, dass 60 Prozent der wieder zu vermietenden Wohnungen an Haushalte mit Wohnberechtigungsschein gehen müssen. Die Miete darf die maximale ortsübliche Vergleichsmiete nicht überschreiten. Eine Begrenzung der prozentualen Mietsteigerung gibt es nicht.

2.000 Ausnahmen

Anders verhält es sich bei bestehenden Mietverhältnissen. Hier dürfen die Unternehmen die Mieten maximal um 2 Prozent pro Jahr erhöhen. Mit 1,9 Prozent auf 5,91 Euro je Quadratmeter reizen sie diesen Spielraum fast vollständig aus. In mehr als 2.000 Fällen haben sich die Vermieter einer Ausnahmeregelung bedient und die Mieten um mehr als 2 Prozent angehoben. Dies ist möglich, wenn eine Miete unter 75 Prozent der Durchschnittsmiete einer Gesellschaft liegt.

Insgesamt wurden 140.314 Mieterhöhungen verschickt, darunter 14.000 im sozialen Wohnungsbau, es kam zu 327 Zwangsräumungen. Nur wenige Mieter wissen von der Möglichkeit, die Miete zu reduzieren, wenn die Kaltmiete mehr als 30 Prozent ihres Haushaltseinkommens entspricht. In 418 Fällen wurde die Miete auf Antrag reduziert. In nur 91 Fällen haben MieterInnen ihre Wohnungen getauscht.

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