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Saubere Körper

„The kids are alt-right?“, fragte das Pop-Kultur-Festival

Von Julian Weber

Hygienefantasie, Naturerhöhung. Begriffe, die man nicht automatisch mit Pop assoziiert. Dies tat das Panel „The kids are alt-right? Rechtsruck und Popkultur“ am zweiten Tag des Pop-Kultur-Festivals in der Berliner Kulturbrauerei. Wie sind rechtsextremistische Denkschablonen in den Mainstream eingewandert? Unterscheidet sich die rechte Szene der Nachwendezeit von derjenigen der Gegenwart? Diese Eingangsfragen stellten die Moderatoren Dirk Schneider und Hartwig Vens der Wiener Kulturwissenschaftlerin Elke Gaugele, Ted Gaier, Gitarrist der Hamburger Band Goldene Zitronen, und dem Blogger und Soziologen Jerome Trebing (ebenfalls Wien).

Gaugele, die rechtsradikale Mode erforscht, wies darauf hin, dass Labels wie Thor Steinar in den Neunzigern gegründet worden seien und seither ihren Radius mithilfe des Internet vergrößern konnten, während Ted Gaier den Vergleich der Subkulturen von einst mit jetzt fragwürdig fand: Kulturelle Hegemonie sei in der Provinz immer schon rechts gewesen. Er erinnerte daran, wie die Aussage des SPD-Politikers Uwe-Carsten Heye vom Mai 2006, es gäbe No-go-Areas in Ostdeutschland für Nichtweiße, seinerzeit ein Skandalon, heute Konsens sei. Gaier sagte, er könne nicht bestimmen, ob AfD-WählerInnen von neurechter Ästhetik inspiriert würden. Dem widersprach Jerome Trebing, der am Beispiel der rechten US-Bewegung „Proud Boys“ konstatierte, dass sie durch ihre vom College-Ideal beeinflusste Baseball-Sportswear-Erscheinung „die Mitte der Gesellschaft markiert“.

Anhand der neurechten Identitären Bewegung erläuterte Gaugele, wie diese durch Markenfälschungen von Fred-Perry-Polohemden völkische Romantik verbreitet: Statt Lorbeerkranz, Logo von Fred Perry, prangt eine Lambda-Rune auf der Brust. Dem läge aber keine Popsensibiltät, sondern ein archaisches Männerbild zugrunde, meint Trebing: schlanke, saubere Körper beim Wandern am Berg. Hipster? Anständige Songs können die Rechten auch in 1.000 Jahren nicht schreiben. Böse Menschen haben keine Lieder.

Später am Abend setzte der Auftritt der New Yorker Last Poets ein Glanzlicht. Die 1968 in Harlem gegründete Band verbindet Spoken Word mit Percussion und gilt als Urzelle des Rap. Rhythmisches Sprechen, das wurde beim Gig deutlich, ist eine Form von Nachrichtenübermittlung: Wie die drei Musiker unter Einbeziehung des Publikums einen Abschiedsjubel für Aretha Franklin in einen ihrer Songs integrierten, war ergreifend. Ohne Konflikte und dunkle Stellen auszublenden, zeigt das Festival in seiner aktuellen Ausgabe, dass Popmusik den alten universalistischen Zauber entfachen kann.

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