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Archiv-Artikel

Das schmeckt!

SCHUL- UND KITAESSEN Erdbeeren aus China haben die Brechdurchfall-Epidemie ausgelöst. Freche Früchtchen aus Fernost, mitten in der Erntezeit? Es geht auch anders: regional, saisonal und preiswert. Die taz präsentiert fünf Rezepte

Pommes mit Ketchup sind auch in Ordnung, solange es sie nicht jeden Tag gibt

Herbst-Püree mit Gemüse

„Weder Schüler noch irgendwer sonst hat zu dieser Jahreszeit Erdbeeren aus China nötig. Wir haben gerade überall in der Region Erntezeit, die Bauern holen jetzt allerhand Gemüse und Unmengen von Obst von den Feldern. Deswegen würde ich für Berlins Schüler ein Püree aus Kartoffeln, Karotten, Sellerieknollen, Teltower Rübchen und Zwiebeln vorschlagen, dazu eine Soße aus gebratenen Zwiebeln und Ofen-Kürbis, einen Weißkohl- oder einen Rote-Beete-Apfel-Salat. Zum Nachtisch gibt es einen Apfel aus der Region.

Mit ein bisschen Koordination ließe sich das ganze Essen für alle Berliner Schulen sogar mal umsonst organisieren: Ich komme gerade von der Foodsharing Erntetour, wo ich für Tausende von Menschen ausschließlich Gemüse gekocht habe, das auf den Äckern liegen bleiben musste: Weil es zu groß, zu klein oder zu krumm für die vorgeschriebenen Handelsnormen war.

Aber selbst, wenn ich alle Lebensmittel regional und natürlich bio kaufen müsste, käme ich bei 200 und mehr Kindern mit zwei Euro pro Mahlzeit sicherlich aus.“

Wam Kat, 56, ist Friedensaktivist und Koch zahlreicher Volxküchen. Er ist Autor des Kochbuchs „24 Rezepte zur kulinarischen Weltverbesserung“ und lebt im brandenburgischen Bad Belzig.

Gemüsekuchen

„Welches Kind isst nicht gerne Kuchen? Kuchen geht immer, auch als Schulessen. Der Gemüsekuchen ließe sich gut in Massen auf Kuchenblechen herstellen. Das Gemüse kann saisonal geändert werden, etwa im Winter Möhren statt Paprika. Und es schmeckt auch kalt. Ich jedenfalls würde mir für meinen Schulanfänger-Sohn so ein Rezept wünschen.

Und so geht’s. Für sechs Personen braucht man: 1 Zwiebel, 1 rote Paprika, 1 Dose Mais, Olivenöl, Butter zum Einfetten, 125 g Mehl, 1/2 TL Backpulver, 3–4 Eier, 200 g saure Sahne, 300 g Schafskäse, 125 g geriebener Gruyère (oder anderer Käse), 4 EL gehackte Petersilie, Salz, Pfeffer

Erst die Zwiebel schälen und würfeln. Die Paprika putzen und in schmale Stückchen schneiden. Beides in Olivenöl dünsten. Dann abkühlen lassen. Den Backofen auf 180 Grad vorheizen. Eine Springform einfetten. Den Schafskäse in kleine Würfel schneiden.

Mehl, Backpulver, saure Sahne, Schafskäse und ca. 100 Gramm des Gruyère mischen. Zwiebel-Paprika-Mischung, den Mais und die Petersilie hinzufügen. Alles gut vermischen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Die Masse in die Springform geben und im Ofen 40 Minuten backen. Fertig!“

Laura Pinnig ist Mitglied im Berliner Vorstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)

Couscous-Salat

„Schon seit geraumer Zeit kritisieren wir Grüne, dass eine abwechslungsreiche, ausgewogene und gesunde Ernährung mit den gegenwärtig dafür vorgesehenen Geldern nicht zu erreichen ist. Gesunde Ernährung, am besten regional, muss in jeder Schule gewährleistet werden.

Ich empfehle Couscous-Salat. Dazu braucht man: 1 Tasse geschnittene Kirschtomaten, 2 kleine Kugeln Mozzarella, 1 Zwiebel in kleine Würfel geschnitten, 0,8 Teelöffel Olivenöl, 0,2 Teelöffel Salz, 0,2 Teelöffel Pfeffer, 1 Knoblauch, 120 ml Wasser, 0,5 Tasse ungekochten Couscous, eine halbe Handvoll geschnittenes Basilikum.

Die ersten sieben Zutaten in einer großen Schüssel zusammengeben, gut vermischen und etwa eine halbe Stunde im Kühlschrank marinieren. Wasser in einem Topf zum Kochen bringen, Couscous einrühren und kurz aufkochen lassen. Vom Herd nehmen, abdecken und etwa fünf Minuten ziehen lassen. Danach mit einer Gabel auflockern und abkühlen lassen. Den abgekühlten Couscous und das Basilikum zum Tomaten-Mozzarella-Mix dazugeben und vorsichtig vermischen. Fertig ist der Couscous-Salat mit Tomaten und Mozzarella!

Das ist nicht nur regional (bis auf den Couscous), sondern auch so einfach, dass es sogar Kinder in der Schule selber zubereiten können. Kosten dürfte das circa 3,50 Euro – der Betrag, der von Experten pro Kind und Mittagessen in Grundschulen veranschlagt wird. Und da die Zutaten von hier kommen, wird dadurch die regionale Landwirtschaft unterstützt, und die CO2-Bilanz stimmt!“

Özcan Mutlu ist Bildungsexperte der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus

Hackbällchen mit Allerlei

„Kinder essen gerne aus der Hand. Wenn sie Lust auf einen Burger haben, dann sollen sie auch einen Burger essen – am besten mit Vollkornbrötchen. Pommes mit Ketchup sind auch in Ordnung, solange sie nicht jeden Tag auf dem Speiseplan stehen. Aber zum Glück haben nur wenig Schulen Fritteusen.

Als vollwertige Mahlzeit würde ich kleine Hackbällchen für die Schulen und Kitas kochen, die die Kinder mit der Hand anfassen können und in einen Joghurt-Kräuter-Dip tunken. Hackbällchen lassen sich mit frischer Petersilie zubereiten und mal mit Mais, mit Kürbis oder mit Möhren verfeinern.

Frisches Gemüse und Obst sollten in jeder Mahlzeit stecken. Das ist gar nicht so schwierig – man kann ja auch Kartoffeln mit Möhren pürieren. Wenn die Sättigungsbeilage, also Reis oder Nudeln, dann auch noch aus Vollkorn sind, dann ist die Schule oder die Kita schon ganz weit vorn!“

Ulrike Arens-Azevedo arbeitet als Ernährungswissenschaftlerin an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg. Im Auftrag des Senats hat sie in einer Studie herausgefunden, dass das Berliner Schulessen nicht den Qualitätsanforderungen genügt.

Möhrensuppe mit wenig drin

„Aus Bioprodukten ein gesundes Mittagessen zu zaubern, das den Grundpreis von 50 Cent für die Zutaten – wie derzeit vorgeschrieben – nicht übersteigt, ist praktisch unmöglich. Man müsste die Rezepte so stark abwandeln, dass ich sie nicht guten Gewissens an einen Kita- oder Schulkoch weitergeben würde. Eine Möhrensuppe ist gerade noch machbar – Möhren kosten ja auch nicht mehr als Kartoffeln. Aber man müsste statt Kokosmilch Vollmilch verwenden und die Gemüsebrühe durch Brühwürfel ersetzen. Und statt des Teelöffels Curry muss eine Prise ausreichen.“

Thorsten Wähner arbeitet für den Biolieferanten Brodowiner Ökokorb. Er beliefert Köche an Waldorfschulen.

Protokolle: Julia Amberger, Konrad

Litschko, Sebastian Puschner