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meinungsstark

Wir sind das Problem

„Leben oder sterben lassen?“, taz vom 12. 7. 18

Ein Pro und Contra zur „privaten“ Seenotrettung von Geflüchteten im Mittelmeer in der Zeit, und alle rasten aus. Weil sie sich über das Contra aufregen. Wahrscheinlich fasst es Heribert Prantl im SZ-Kommentar am besten zusammen, wenn er schreibt: „Das Pro und Contra ist vielleicht gut gemeint, aber nicht gut. Es relativiert die Menschenwürde.“

Eines dieser Contra-Argumente ist dann, dass sich doch in „den Ländern“ tatsächlich etwas ändern müsse. Wir müssen nichts ändern. Die anderen, weit weg, die müssen was ändern. Oder besser noch: Wir müssen was bei denen ändern.

Es ist schon fast bewundernswert, mit welcher Konsequenz westliche, europäische, deutsche Kritik an globalen Verhältnissen das immer wieder betont. Dabei wird beim zweiten Blick deutlich, dass Entwicklungshilfe, wenn sie denn funktioniert, Migration oft überhaupt erst ermöglicht. Ob sie ihr vorgebliches Ziel – die Entwicklung der anderen, damit sie so sind wie wir – erreichen kann? Oder eher: erreichen will?

In der Transformation vom Kolonialherrn zum Entwicklungshelfer ist eines gleich geblieben: die Einstellung, dass es an uns ja keinesfalls liegen kann, sondern dass es immer die anderen sind, die sich ändern müssen. Und das scheint auch in der anhaltenden Diskussion um Seenotrettung wieder durch. Es dürfte doch inzwischen klar sein: Solange wir reich sind und andere arm und solange wir deswegen reich sind, weil die anderen arm sind, so lange werden sie kommen. Wir müssen unsere Politik ändern, unseren Konsum, müssen aufhören, alles zu wollen außer den Konsequenzen, und müssen endlich, endlich einsehen, dass wir so, wie wir leben, einfach nicht leben können.

Die Geflüchteten sind nicht das Problem. Die Schlepper sind nicht das Problem. Die privaten Seenotretter sind nicht das Problem. Unsere Art zu leben ist das Problem. Lasst es uns ändern! Jannik Veenhuis, Hamburg

Es ist nicht Seehofer allein

„Suizid nach „Rückführung““, taz vom 12. 7. 18

Dass Seehofer wegen des Suizids des jungen Afghanen angegriffen wird, ist nicht falsch, schließlich ist er Teil derjenigen in der Gesellschaft, die eine Verschärfung der Abschiebepraxis fordern – und damit ja in CSU und CDU nicht alleine. Aber: Zuständig für die Durchführung (und die Auswahl der Abzuschiebenden) sind die Landesbehörden. Im Falle des jungen Afghanen war das wohl das Land Hamburg. Verantwortlich sind demnach die Hamburger Regierungsparteien – die SPD und die Grünen.

Wenn man also Rücktritte fordert, dann sollte man den Hamburger Senator Andy Grote nicht vergessen. Und dass die Grünen dort weiter in der Regierung bleiben, ist ein besonderes Kapitel im Verlust dieser Partei als Partnerin in Menschenrechtsfragen. Jörg Rupp, Malsch

„ … er blieb der Auswärtige“

„Ihren Tod nehmen sie recht gelassen“, taz vom 9. 7. 18

Als Robert-Seethaler-Fan habe ich die Besprechung des Buches „Das Feld“ mit großer Freude gelesen. „Ein ganzes Leben“ war das erste Buch seit „Das Parfum“, das ich in einem Rutsch gelesen habe, weil es mich so fesselte. Auch in diesem Buch Seethalers schaute der Tod bereits um die Ecke. In Stein gemeißelte Sätze wie „Der Tod gebiert gar nichts! Der Tod ist die kalte Frau“ haben mich in ihrer unprätentiösen Art fasziniert. Auch das große Gegenwartsthema Heimat mit der Frage des Dazu-Gehörens oder Ausgeschlossen-Seins zeigte sich bereits dort. „Während seiner Zeit (…) blieb er der Auswärtige“, schrieb Seethaler über die Hauptperson Andreas Egger. Für ihn gehört der Tod zum Leben wie der Schimmel zum Brot. Dass wir unter der Erde alle gleich seien, wie Katharina Granzin meint, ist für mich kein wirklicher Trost, gibt es doch ein höchst ungleiches Leben vor dem Tod. Eines, in dem wir spüren, lieben, hassen, trauern, uns freuen, ärgern, kurz: in dem wir lebendig sind. Dass wir dies auch im großen Nichts des Todes sein werden, bezweifle ich. Einstweilen gönne ich mir erst einmal dieses Buch. Wolfgang Leiberg, Hüttenberg

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