: So schafft man Verunsicherung
Streit um Adolphe Binder, Intendantin des Tanztheaters Wuppertal
Ein Lob soll hier am Anfang stehen: für das Ensemble des Tanztheaters Wuppertal. Neun Jahre sind eine lange Zeit in der flüchtigen Welt des Tanzes, neun Jahre lang haben sie es seit dem Tod von Pina Bausch geschafft, deren Repertoire glanzvoll lebendig zu halten. Dass dies auf Dauer nicht das einzige Programm bleiben darf, sondern Zusammenarbeit mit neuen Choreografen notwendig wird, war längst klar. Erst in der letzten Spielzeit wurde dafür Adolphe Binder als Intendantin engagiert. Seit einer Woche weiß man, dass der Geschäftsführer Dirk Hesse ihre Kündigung beantragt hat. Zweimal traf sich seitdem der Beirat, hat seine Entscheidung aber vertagt. Adolphe Binder, keine Choreografin, sondern Kulturmanagerin, hatte zuvor die Göteborger Danskompani geleitet und mit Stücken von Sidi Larbi Cherkaoui, Sasha Waltz oder Saburo Teshigawara international sichtbar gemacht. In ihrer ersten Spielzeit in Wuppertal brachte sie zwei neue Premieren heraus, ein moderater Übergang von Vertrautem zu anderen Erzählweisen. Das schien noch nicht glänzend, aber gut.
Doch nun wird offenbar, dass zwischen ihr und dem Geschäftsführer Dirk Hesse schon lange ein Konflikt schwelte. Kurz vor der Sommerpause und während Binder mit dem Ensemble zu einem Gastspiel in Paris war, erfuhren sie aus der Presse, aus einem Text von Wiebke Hüster in der FAZ, ihre Intendantin stünde kurz vor einer Kündigung. Die langjährige Pina-Bausch-Tänzerin Nazareth Panadero erzählte darauf im Deutschlandfunk Kultur vom Erschrecken über diese Nachricht, hatte sie doch die erste Spielzeit mit der neuen Intendantin als vertrauensvollen Neuanfang erlebt. Binder selbst darf sich nicht äußern. Dabei geht es einerseits darum, dass ihr, wie Hüster behauptete, Mobbing von Tänzern vorgeworfen werde, und zwar jetzt in Wuppertal und zuvor in Schweden. In Göteborg hatte es diese Vorwürfe zwar mal in einer Zeitung gegeben, aber viele Mitglieder des Ensembles hatten sich davon distanziert. Dies Gerücht jetzt wieder zu kolportieren, sieht nach strategischer Unterstützung des Geschäftsführers aus. Zudem wird Binder vorgeworfen, dass sie keinen Spielplan für 2018/19 vorgelegt habe, den die Geschäftsführung genehmigungsfähig findet, und noch keine neuen Choreografen für die nächste Spielzeit genannt habe. Das schafft natürlich Verunsicherung.
Den Übergang von einer Ikone wie Pina Bausch zu etwas anderem zu moderieren, den Sockel eines Denkmals umzubauen, ist keine einfache Aufgabe, die zu bewältigen Zeit braucht. Und mit Drohhaltungen ganz sicher nicht befördert wird. Katrin Bettina Müller
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