DAUMENKINOHerr Willi in Dogil Maeul

„Ich bin in Korea geboren, aber meine Denkweise ist deutsch“

Young-Sook Theis

Die Ausgangssituation ist komplex: Drei Paare, die Männer Deutsche, die Frauen Südkoreanerinnen, haben 30 Jahre in Deutschland zusammengelebt, bevor sie kurz nach der Jahrtausendwende nach Südkorea auswandern. Heute wohnen Young-Sook und Armin Theis, Chun-Ja und Willi Engelfried und Woo-Za und Ludwig Strauss-Kim in Dogil Maeul, dem sogenannten Deutschen Dorf auf der Insel Namhae.

Das Dorf wurde 2003 für Koreaner errichtet, die in den 1960ern und 1970ern aus Südkorea nach Deutschland kamen, wo Bergarbeiter und Krankenschwestern gesucht wurden. Sung-Hyung Cho, seit 1990 in Deutschland zu Hause, hat über die drei deutsch-koreanischen Paare den Dokumentarfilm „Endstation der Sehnsüchte“ gedreht.

Wie schon bei ihrem Debüt „Full Metal Village“ über das schleswig-holsteinische Dorf Wacken, das ein Heavy-Metal-Festival beherbergt, hat sie sich ein Sujet gesucht, das Anlass zu reichlich kuriosen Begegnungen bietet. Da tanzt der von den Koreanern respektvoll „Herr Willi“ genannte Rentner Willi Engelfried in asiatischer Tracht Cha-Cha-Cha, und koreanische Touristen trampeln durch die Vorgärten der Ausgewanderten, bis sie von der Polizei vertrieben werden.

Solche humoristischen Episoden wechseln mit kurzen Erzählungen über die Lebensgeschichten der Paare und mit Stimmungsbildern aus dem Dorf. Dabei gelingt es dem Film nicht, das Thema der Heimat oder den Alltag der Paare in Deutschland und in Dogil Maeul wirklich zu erfassen. Lieber spielt Cho mit den Klischees, die der deutsche Rentner im Ausland bietet: Er beschwert sich über Unordnung und Unpünktlichkeit, backt Brötchen und macht Würste wie in seiner alten Heimat.

Wenn Young-Sook Theis sagt „Ich bin in Korea geboren, aber meine Denkweise ist deutsch“, wäre dies eine Gelegenheit, der Frage der Heimat näher zu kommen und sich den Aspekten der doppelten Auswanderung zu stellen. Wie werden die deutschen Einflüsse, die die Südkoreanerinnen erfahren haben, von ihren Landsmännern und -frauen aufgenommen? Ist das, was sie in Dogil Maeul vorfinden, die ersehnte Heimat?

Cho verzichtet auf einen Kommentar oder eine Erzählerstimme. Das erzeugt den positiven Eindruck, dass die Figuren für sich sprechen, und lässt den Landschaftsaufnahmen Raum. Zugleich fehlt die beharrliche Nachfrage. So kommt der Film manchmal nicht über den Status eines Kuriositätenkabinetts hinaus. ELIAS KREUZMAIR

■ „Endstation der Sehnsüchte“. Regie: Sung-Hyung Cho. Dokumentarfilm, Deutschland 2009, 99 Min.