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Rathaus-Affäre erreicht den Chef

Eine Mail legt nahe, Hannovers OB Stefan Schostok (SPD) habe von illegalen Zulagen gewusst

Hannovers Oberbürgermeister Stefan Schostok (SPD) gerät immer stärker in den Fokus der Affäre um rechtswidrige Gehalts­zulagen im Rathaus. Eine angebliche Mail, aus der mehrere Medien zitieren, legt nahe, dass Schostok schon vor einem Jahr über Gehaltszuschläge für seinen Büroleiter informiert war, die nach zwischenzeitlichem Eingeständnis der Stadt unrechtmäßig sind. Am Mittwoch setzte die CDU dem Oberbürger­meister ein Ultimatum zur Aufklärung der Vorwürfe. Wie ein Stadtsprecher mitteilte, will Schostok sich am Donnerstag in nicht öffentlicher Sitzung im Verwaltungsausschuss erklären.

Unterdessen bereite Schostok ein Disziplinarverfahren gegen seinen Büroleiter vor, sagte der Stadtsprecher. Da der Büroleiter vom Oberbürgermeister in den Urlaub geschickt wurde, finde eine Fortsetzung seiner Dienstgeschäfte derzeit ohnehin nicht statt.

Die Zulagen sollen vom damaligen Personal- und dem derzeitigen Kulturdezernenten Harald Härke eingefädelt worden sein. In der angeblichen Mail des Büroleiters an Härke aus dem Mai 2017 wird von einer Absprache des Gehaltszuschlags mit dem Oberbürgermeister gesprochen. Falls dies zutreffend ist, setzt es Schostok konkret unter Druck, auch weil er auf CDU-Nachfrage zu den Zuschlägen im Stadtrat im November 2017 ausweichend geantwortet haben soll.

Gegen Härke und den Büroleiter ermittelt bereits die Staatsanwaltschaft, gegen Härke läuft schon seit Längerem ein Diszi­plinarverfahren. Wie Oberstaatsanwalt Thomas Klinge am Mittwoch sagte, dauerten die Ermittlungen zu der Rathaus­affäre an. Einen Tatverdacht und Ermittlungen gegen den Oberbürgermeister gebe es bisher nicht.

Die Rathausaffäre gleicht einer großen Schlammschlacht. Auslöser war im vergangenen Herbst der Versuch Härkes, seiner in der Stadtverwaltung beschäftigten Lebensgefährtin einen besser bezahlten Job zuzuschanzen. Nach dem erfolglosen Versuch von Schostok, Härke daraufhin rauszuwerfen, wurden Informationen über ein rechtswidriges Gehaltsplus für Schostoks Büroleiter in politischen Kreisen gestreut. Der Verdacht lautete, dass dahinter Härke stecken könne.

Grundsätzlich war eine beabsichtigte Gehaltserhöhung für den Büroleiter des Oberbürgermeisters dem Rat der Stadt seit Anfang 2015 bekannt. Sie wurde in einem Entwurf zur Änderung der Dezernatsverteilung auch beziffert. Weil sich herausstellte, dass eine Beförderung des Büroleiters nicht möglich war, bekam er ab dem 1. April 2015 eine pauschale Überstundenvergütung von gut 1.000 Euro pro Monat gezahlt. (dpa)

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