Im realen Niemandsland

Ost-West-Drama eines Grenzgängers: „Himmel ohne Sterne“ läuft heute im Zeughauskino im Programm der Helmut-Käutner-Retrospektive

Von Peter Nau

Dieses Liebesdrama eines Grenzpolizisten (West) und einer Fabrikarbeiterin (Ost) zur Zeit, als der Eiserne Vorhang niedergelassen wurde, ließ mich nicht unberührt. Es gibt ergreifende Szenen. Zum Beispiel, wenn zwei alte Leute bei Nacht und Nebel ihr Häuschen verlassen, um in den Westen zu flüchten. Man spürt, was so ein Abschied bedeutet, man leidet darunter.

„Gut beobachtete Details“, schrieb Eric Rohmer, „Suspense, Form, keine oder sehr wenige schwülstige Szenen, weniger überflüssige Kamerafahrten als in Käutners früheren Filmen. Eine exzellente handwerkliche Qualität, in Abwesenheit eines Stils.“ Was für eine Sprache, was für ein Ton, in dem da aus einer intimen Kennerschaft heraus über Film gesprochen wird!

Nach einer Würdigung der schauspielerischen Leistungen beschließt Rohmer seine Rezension mit dem Satz: „Aber der Eiserne Vorhang, mit seinem Unterholz, seinen hohen, düsteren Tannen, seiner Hügellandschaft, seinen von Unkraut überwucherten Schienensträngen und seinen hohen weißen Schlagbäumen bekommt einstimmig den Preis für den photogensten Schauplatz zuerkannt.“

Dieses reale Niemandsland ist für Rohmer jedoch auch der irgendwo zwischen Melodram und Tragödie angesiedelte Bereich, in den sich Käutner, der Pazifist und Bourgeois, zurückzieht. Damit spricht der Franzose seine Kritik am poetischen Realismus des Deutschen aus, wobei er aber „Himmel ohne Sterne“ gleichwohl in die Nähe von Carol Reed oder Duvivier zu ihren besten Zeiten rückt.

„In seinen besten Filmen“, schrieb Karsten Witte, „wird Käutner als Grenzgänger sichtbar. Er wechselt nicht die Seiten nach Beliebigkeit, sondern er hält die Grenze als eine schmerzliche Wunde offen (…), immer wird die Grenze zum inneren Ort sichtbar, an dem die Figuren (…) scheitern müssen. An der Grenze liegt das Niemandsland.

Helmut Käutner: „Himmel ohne Sterne“, BRD 1955: Zeughaus­kino, 14. & 23. Juni, jeweils um 20 Uhr