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Freie Sicht auf viel Beton

Der Streit zwischen Denkmalschutz versus Radstation an der Kieler Uni hat es ins Satiremagazin geschafft

Von Esther Geißlinger

Vor der Mensa der Kieler Uni steht eine Fahrradreparaturstation. Nun soll sie weg – angeblich stört sie den Anblick auf das Gebäudeensemble. Das entstand in den 1960er- und 1970er-Jahren und steht seit 2008 unter Denkmalschutz. Der Studierendenausschuss Asta protestiert.

„Es geht um die Bewahrung von Waschbetonbauten“, sagt der Asta-Vorsitzende Julian Schüngel. „Dabei missachtet der Denkmalschutz die Bedürfnisse der Menschen, die diesen Ort mit Leben füllen.“ Würde alles umgesetzt, was der Denkmalschutz verlangt, würden die „ohnehin knappen Aufenthaltsflächen für Studierende weiter abgebaut“. So soll die Radstation hinter das Gebäude neben die Abfallbehälter – schwer zugänglich und eher „Angstraum“ als attraktive Fläche. Auch Tische vor der Mensa sollen weichen.

Die meisten Gebäude der 1665 gegründeten Universität wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört. Nach 1945 ging der Lehrbetrieb auf dem Gelände einer ehemaligen Waffenfabrik weiter. Im großen Stil gebaut wurde ab 1962. Der Denkmalschutz für den Beton-Campus war in Kiel umstritten. Bis heute prallen Umbaupläne und Bestandsschutz aneinander, etwa wenn es darum geht, die Gebäude barrierefrei zu gestalten.

Der aktuelle Streit um die Fahrradstation und die Mensa­tische hat nun auch die Landespolitik auf den Plan gerufen. „Denkmalschutz ist ein hohes Gut“, sagt Tim Brockmann (CDU). „Aber hier gilt es, Verhältnismäßigkeit zu bewahren.“ Der Grüne Lasse Petterdotter hofft auf einvernehmliche Lösungen: „Essen im Freien und Radreparaturen müssen möglich bleiben.“

„Absurd“ nennt Anita Klahn (FDP) den Protest der Denkmalschützer: „Kein Wunder, wenn das Steilvorlagen für Satire bietet.“ Schon passiert: Das NDR-Satiremagazin „Extra 3“ erklärte den Streit um den freien Blick auf die 70er-Jahre-Mensa zum „realen Irrsinn der Woche“.

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