: Warum haben du und ich keine Identität?
LAUT Abends spielen die Musiker von The Refugees vor Hunderten Zuschauern. Danach geht es wieder zurück in die Flüchtlingslager, in denen sie quer durch Deutschland untergebracht sind
■ Das Projekt: The Refugees ist eine Gruppe von Flüchtlingen, die gemeinsam mit Heinz Ratz und seiner Band „Strom & Wasser“ auftreten. Ratz startete das Projekt, weil die Politik „Flüchtlinge so menschenunwürdig behandelt und auf ein gesellschaftliches und geistiges Abstellgleis führt“. In der übernächsten Woche erhält er für sein Engagement die Integrationsmedaille der Bundesregierung.
■ Die Auftritte: Am 19. Oktober im Jukus Aschaffenburg, am 27. November in der Heilig-Kreuz-Kirche Berlin, am 12. Januar in Nürnberg im Desi, am 27. Februar in der Muffathalle München, am 3. März in Heidelberg in der Halle 02 und am 13. März in Reutlingen im Franz K.
■ Ein Vorgeschmack: Mehr Informationen und ein Video gibt es auf www.1000bruecken.de.
Von Piero Chiussi (Fotos) und Julia Oelkers (Protokolle)
„Eine Sache ist wirklich schwer für mich zu verstehen: Wenn du auf der Bühne stehst, klatschen alle, tanzen und sind happy. Nachher kommen die Leute und sagen: Das war super, wir hatten wirklich viel Spaß. Aber wenn du die gleichen Leute irgendwann später wieder triffst, bist du jemand völlig anderes für sie. Wenn du nicht auf der Bühne stehst, sehen sie in dir nur den Flüchtling.“
SAM, 30 JAHRE, PERKUSSIONIST UND SÄNGER AUS GAMBIA, LEBT SEIT VIER JAHREN IM FLÜCHTLINGSLAGER IN REUTLINGEN
„Die Zeit, in der ich Musik mache, bringt mich ein bisschen auf andere Gedanken. Weil wenn ich zu Hause bin, dann muss ich jeden Tag das Gleiche denken. Wie wird es weitergehen, werden wir abgeschoben oder nicht? Aber wenn ich hier bin, zusammen mit Kollegen, dann komme ich ein bisschen raus aus der Geschichte. Dann fühle ich mich wieder wie ein normaler Mensch.“
MC NURI, 20 JAHRE, RAPPER, GEBOREN IN DAGESTAN, LEBT SEIT ELF JAHREN IN GIFHORN, NEUN DAVON IM fLÜCHTLINGSWOHNHEIM
„Viele Deutsche wissen nicht, was in Deutschland passiert. Es gibt Menschen, die überrascht sind, wenn wir sagen, dass wir mit 5 oder 6 Personen in einem Raum leben. Sie finden es seltsam: Wie kann man dort leben? Wie geht das? Das bedeutet, dass sie sich nicht bewusst sind über das, was geschieht. Wir müssen ihnen die Informationen geben und eine Lösung finden, die wir gemeinsam erkämpfen können.“
REVELINO, 24, REGGAE-SÄNGER, GEBOREN IN DER ELFENBEINKÜSTE, LEBT SEIT ZWEI JAHREN IN OLDENBURG
„Möchtest du wissen, wie es mir geht? Wir waren heimatlos im fremden Land So geht es mir Mein Wunsch war es, zu lernen Ich wollte nicht zurückbleiben Aber mein Vater wurde alt über die finanziellen Probleme Ich musste die Schule aufgeben Aber Mutter, deine Stimme klingt immer noch in meinem Ohr Mutter, ich vermisse deine Blicke Mutter, ich vermisse. Warum müssen Afghanen unterdrückt sein? Warum muss ihr Name Terrorist sein? Warum haben du und ich keine Identität?“
SONGTEXT VON HOSAIN AMINI, 18 JAHRE, RAPPER, GEBOREN IN AFGHANISTAN