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Belgien liefert Katalanen nicht nach Spanien aus

Die Staatsanwaltschaft in Brüssel bemängelt einen Formfehler des zuständigen spanischen Richters

Aus Madrid Reiner Wandler

Richter Pablo Llarena am Obersten Gerichtshof in Spanien musste am Mittwoch eine harte Niederlage einstecken. Belgien liefert die flüchtigen katalanischen Ex-Minister Toni Comín, Meritxell Serret und Lluis Puig nicht nach Spanien aus. Und das, ohne die Vorwürfe, die von „Ungehorsam“ über „Veruntreuung öffentlicher Gelder“ bis zur „Rebellion“ im Zusammenhang mit dem verbotenen Unabhängigkeitsreferendums am 1. Oktober reichen, näher zu prüfen. Denn Llarena hat einen Formfehler begangen, den ihm die Staatsanwaltschaft in Brüssel nicht verzeiht.

Der europäische Haftbefehl nimmt nicht Bezug auf einen nationalen Haftbefehl. So ist eine Auslieferung nicht möglich. Die Staatsanwaltschaft verlangte deshalb, dem Auslieferungsantrag nicht stattzugeben. Das zuständige Gericht akzeptierte dies. Ein Widerspruch gegen den Beschluss ist nicht möglich. Llarena kann jedoch einen neuen europäischen Haftbefehl zustellen. Ein solcher liegt auch gegen eine Ministerin, die sich in Schottland aufhält, sowie gegen den katalanischen Ex-Regierungschef Carles Puigdemont in Berlin vor. Sie haben wohl den gleichen Formfehler. Das Verteidigerteam hofft, dass die britischen und deutschen Richter und Staatsanwälte deshalb ähnlich entscheiden, wie ihre belgischen Kollegen.

Die belgische Staatsanwaltschaft stützt sich auf ein Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in Luxemburg im Falle des rumänischen Lkw-Fahrers Niculaie Aurel Bob-Dogi 2013. Rumänien lieferte den Betroffenen nach einem Verkehrsdelikt nicht nach Ungarn aus, wo der Unfall stattgefunden hatte, weil es keinen ungarischen Haftbefehl zusätzlich zum europäischen gab. Der Gerichtshof in Luxemburg segnete dieses Vorgehen ab.

Der erste europäische Haftbefehl gegen die fünf Katalanen wurde im November 2017 vom spanischen Sondergerichtshof für Bandenkriminalität, Terrorismus und Finanzdelikte, der Audiencia Nacional, erlassen. Damals stützte er sich auf einen nationalen Haftbefehl.

Richter Llarena übernahm den Fall wenige Wochen später und setzte den europäischen Haftbefehl außer Kraft. Als er ihn Ende März erneut erließ, erneuerte er den nationalen Haftbefehl nicht. Selbst auf Anfrage aus Brüssel, worauf sich sein europäischer Haftbefehl stütze, war sich Llarena des Verfahrensfehlers nicht bewusst. Er antwortet „auf meine Verfahrenseröffnung“, was einer Anklageschrift am Ende der Ermittlungen gleichkommt. Als Datum gab er den 21. 11. 2018 an. Die Staatsanwaltschaft ging von einem Tippfehler aus.

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