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Brutal gegen die Zweifel

Chris Froome überragt beim Giro d’Italia mit seiner Aufholjagd, hat aber weiter ein Glaubwürdigkeitsproblem. Es regt sich leiser Dopingverdacht

Aus Cervinia Tom Mustroph

Rosa Lametta fliegt in Cervinia in die Höhe. Mitten drin steht Chris Froome. Den Briten kennt man sonst nur in gelben Lamettawolken, denen der Tour de France. Jetzt holt er sich, wenn auf dem Weg nach Rom nichts dazwischen kommt, den Giro d’Italia. Dann hat er Geschichte geschrieben, alle drei Rundfahrten hintereinander gewonnen. Ob die Leistung Bestand hat, wird irgendwann die Antidoping-Abteilung des Weltradsports entscheiden.

Trotz dieser Ungewissheit – und nicht wegen ihr – war dieser Giro ein historisches Rennen. Es war gekennzeichnet von einem jungen Attackefahrer, von Simon Yates. Yates zwang seine Rivalen zu besonderen Leistungen. Er hatte sie, nimmt man ein Bild aus dem Boxen, bereits in der Ecke. Er deckte sie mit Schlägen ein. Bis ihn selbst die Kraft verließ. Und bis Chris Froome, atemlos und angeschlagen, aus der Doppeldeckung herauskommen und selbst ein paar Treffer landen konnte. Die entscheidenden.

Froome selbst war gezeichnet von diesem Giro. Körperlich – noch immer waren die Sturzwunden zu sehen. Und auch mental. „Es war so brutal hier. Erst meine Stürze, die Schmerzen. Ich hatte durch die Stürze auch Selbstvertrauen verloren. Die Zeitverluste auf verschiedenen Etappen. Das war einfach hart“, zog er ein Resümee. „Ich habe mich aber nie aufgegeben. Ich habe immer an das letzte Wochenende gedacht, mit diesen Etappen, die das Klassement noch einmal ändern können. Alle haben gesehen, wie erschöpfend, wie brutal das war, wie wir alle am Limit waren. Und jetzt bin ich überwältigt von den Emotionen“, sagte er auch.

Nicht umsonst benutzte Froome mehrfach das Wort „brutal“. Es beschrieb am besten seine Leistung. Es ist eine, die herausragt aus dem modernen Radsport. „Es war wie in den Zeiten von Merckx, ein Angriff von so weit weg. Chapeau!“, sagte etwa Alexander Winokurow, aktuell Rennstall-Manager bei Astana. Das Hauptkapitel der Froome-Saga ist jene Alleinfahrt über 80,3 Kilometer vom Colle delle Finestre über Sestriere bis hoch zu Bardonecchia-Jafferau. 80 Kilometer allein, allein gegen das Peloton, allein gegen das Schicksal, die Stürze, das Pech, auch gegen die Zweifel. In die Bewunderung manch anderer mischte sich aber auch Zweifel. „Er hat den ‚Landis‘ gemacht“, meinte etwa der Neuseeländer George Bennett. Gegen den wie entfesselt fahrenden Froome hatte er keine Chance. Der Spruch mit dem „Landis“ entschlüpfte ihm, als ihm seine Betreuer sagten, Froome hätte es bis ins Ziel geschafft und sogar das rosa Trikot geholt. Sein Rennstall korrigierte eilig per Twitter: „Das ist keine Unterstellung, sondern eine Art, die Bewunderung für eine ganz besondere Leistung auszudrücken.“

An Floyd Landis dachten bei Froomes Leistung viele. Der US-Amerikaner hatte sich mit einer Alleinfahrt über 120 Kilometer bei der Tour de France 2006 wieder zurück in den Kampf um Gelb gebracht und beim anschließenden Zeitfahren ­tatsächlich den Triumph perfekt gemacht. Kurz nach dem Toursieg wurde ihm dieser wegen einer positiven Dopingprobe wieder aberkannt. „Mir sind die Paral­lelen bewusst. Aber mein Resultat wird Bestand haben“, versicherte Froome indes den Medien. Er gab sich auch erneut optimistisch, dass das Dopingverfahren wegen überhöhter Salbutamolwerte bei der Vuelta 2017 für ihn einen positiven Ausgang haben werde. „Ich habe ein reines Gewissen“, sagte er.

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