Fabian Kretschmer über Nordkoreas neue Drohungen: Von Trump provoziert
Die US-südkoreanischen Streitkräfte können noch so oft behaupten, dass die derzeit stattfindenden Luftwaffenübungen „Max Thunder“ rein defensiver Natur seien. In Nordkorea wird es zu Recht als militärische Provokation empfunden, wenn Tarnkappenbomber – theoretisch mit nuklearen Sprengköpfen bestückt – nur wenige Flugminuten von der innerkoreanischen Grenze Manöver ausführen.
Natürlich wäre es in der jetzigen Situation klug von US-Präsident Donald Trump, konsistent Haltung zu zeigen und den Nordkoreanern keine verfrühten wirtschaftlichen Versprechungen zu machen. Militärisches Säbelrassen jedoch ist eindeutig das falsche Signal. Zumal das nordkoreanische Regime in den letzten Wochen gleich eine ganze Reihe an Zugeständnissen gemacht hat: Zuerst stoppte Kim Jong Un seine Nuklear- und Raketentests, dann ließ er die drei in Nordkorea festgehaltenen US-Bürger frei, und schließlich versprach er die Stilllegung der Atomtestanlage Pungye-ri für nächste Woche.
Auf der anderen Seite hat Trump mit der willkürlichen Aufkündigung des Iran-Deals seine Vertrauenswürdigkeit gegenüber den Nordkoreanern nicht gerade erhöht. Auch die Forderung vom US-Sicherheitsberater John Bolton, bei Nordkoreas Denuklearisierung nach dem Libyen-Modell vorzugehen, dürfte einigen Hardlinern in Pjöngjang bitter aufgestoßen sein. Das damalige Gaddafi-Regime hatte schließlich zunächst seine nuklearen Ambitionen aufgegeben, ehe es Jahre darauf mit Hilfe von westlichen Luftschlägen gestürzt wurde.
In diesem Zusammenhang ist Nordkoreas Empörung im Vorfeld des Gipfeltreffens taktischer Natur. Dass Kim Jong Un das Treffen mit Trump in Singapur tatsächlich platzen lassen möchte, bleibt mehr als unwahrscheinlich. Schließlich steht er auf der Zielgraden eines Mammutprojekts, von dem bereits sein Großvater – Staatsgründer Kim Il Sung – geträumt hat: mit dem US-Präsidenten auf Augenhöhe zu verhandeln.
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