: Schnitzen und Spuren suchen
Die Umweltbildungsangebote des Bundes für Umwelt und Naturschutz haben Hochkonjunktur
Von Harff-Peter Schönherr
Knapp zwei Hektar groß ist der „Spiel- und Naturerlebnisraum“ des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in der „Kinderwildnis“ auf der Bremer Halbinsel zwischen Weser und Werdersee. Hier gibt es alles, vom Schleichpfad bis zur Streuobstwiese, vom Baumhaus bis zur Matschbaustelle.
Familien zieht es hierher, für „Naturgeburtstage“ oder einfach nur so zum Spielen, Schulklassen kommen genauso her wie Kindergartengruppen. Die Programme, die der BUND hier anbietet, tragen Titel wie „Grünes entdecken in der Zauberküche“ und „Schnirkel Schnarkel Schneckenhaus“ und reichen vom Löffelschnitzen bis zur Tierspurensuche.
„Umweltbildung ist eine unserer zentralen Aufgaben“, sagt Katja Muchow, stellvertretende Geschäftsführerin des Bremer BUND-Landesverbandes. Das hat sich herumgesprochen: So groß ist die Nachfrage an dem Bildungsangebot, dass der Bremer BUND am 12. Juni eine „Ideenwerkstatt Umweltbildung“ ausrichtet, die zugleich eine Suche ist: nach neuen Honorarkräften und Ehrenamtlichen für die Gruppenbetreuung.
Denn Umweltbildung braucht nicht nur inspirierende Lernorte, sondern auch Vermittler, die „die Natur am Herzen tragen“, so Katrin Mehrer, pädagogische Leiterin vom „Haus der BUNDten Natur“ des Landesverbands Hamburg. Die naturnahe Reetdach-Idylle im ansonsten eher aufgeräumten Eppendorfer Kellinghusen-Park ist vor allem Treffpunkt fester Gruppen. „Kinder und Jugendliche langfristig an die Natur heranzuführen, macht natürlich mehr Nachhaltigkeit möglich“, sagt sie. Auch der „Natur-Erlebnis-Garten“ des BUND Hamburg im Inselpark Wilhelmsburg lädt ein zur Bildungsarbeit zwischen Gartenkultur und Wildnis.
Jeder BUND-Landesverband hat seinen eigenen Schwerpunkt, aber „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) bietet jeder von ihnen. Deren Generalfragen beschreibt Mehrer so: „Welche Auswirkung hat mein persönliches Handeln auf die Welt? Wie finde ich meinen Platz im Lebensnetz?“
Tausende Umweltbildungseinrichtungen gibt es bundesweit. Der BUND, genauso in den 1970ern geboren wie der Umweltbildungsgedanke selbst, ist in dieser Szene, neben Greenpeace und dem Naturschutzbund Deutschland (Nabu) ein Schwergewicht. Das Netz seiner Standorte ist dicht. Einer von ihnen: Der „Jugend-Natur-Erlebnisraum Palsterkamp“ der BUND-Kreisgruppe Osnabrück mit zwölf Hektar Feuchtwald in Bad Rothenfelde, durch langfristige Pacht vor forstwirtschaftlichen Eingriffen geschützt. Als „Forscherstation“ wurde ein Anhänger aus NVA-Tagen reingerollt, Exkursionen, Schul- und Ferienkurse finden dort statt.
Vielen fehlt für Naturerleben in aller Ruhe aber schlicht die Zeit. Wenn Matthias Beckwermert, Geschäftsführer des BUND Osnabrück, Jugendliche zum Renaturieren ruft, spürt er schnell, wie übervoll ihre Terminkalender sind: „Da gibt es ja kaum noch unverplante Zeit.“
Dabei müssten gerade Schulen dankbar sein für Impulse aus der Umweltbildung. Aber, sagt Mehrer: „Viele Lehrer wollen nur, was exakt in ihren Lehrplan passt und abprüfbare Ergebnisse generiert.“ Dabei sei Naturerleben genauso wichtig wie Rechnen und Schreiben.
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