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Russlands Präsident Putin tritt vierte Amtszeit an

Bei der etwas renovierten Inaugurationsfeier steht Altkanzler Gerhard Schröder in der ersten Reihe. Dmitrij Medwedjew wird von Putin erneut zum Regierungschef vorgeschlagen

Aus Moskau Klaus-Helge Donath

Nach 18 Jahren an der Spitze des Staates war es am Montag bereits Wladimir Putins vierte Amtseinführung als russischer Präsident im Kreml. Das Protokoll hatte sich diesmal einige Reformen erlaubt. Der Festakt wurde von einer Stunde auf 50 Minuten gekürzt. Es entfiel die Fahrt mit der Staatskarosse durch Moskaus Innenstadt.

Beim letzten Mal im Mai 2012 preschte eine Motorradeskorte vorneweg und ein Hubschrauber wies den Weg in den Kreml. Auf den Straßen war es still. Für Störfall Mensch war vorgesorgt worden. Putin war damals politisch angeschlagen, die Dienstfahrt einsam. Hohn und Spott schlugen dem Kremlchef dafür aus dem damals noch rebellischeren Moskau entgegen.

Am Montag blieb der Präsident gleich auf dem Kreml-Compound. Die Kameras des Staats-TVs fingen Putin gerade noch ein, als er kurz vor dem Vereidigungsakt im Arbeitszimmer im Kreml den Computer ausschaltete und sich das Jackett überwarf. Auf dem Weg hinaus durch den langen Flur mit rotem Läufer ließ er den Blick über Bilder an der Wand streifen, manche schien er noch nicht zu kennen. „Das ist jener Ort, an dem der Präsident die meiste Zeit verbringt“, kommentierte ein Journalist aus dem Off.

Vor dem Tor des Arbeitsbereichs wartete die große Überraschung. Die neue Staatskarosse aus heimischer Produktion, eine Einzelanfertigung. Lange war spekuliert worden, ob sie in diesem Jahr noch fertig würde. Da stand sie nun, äußerlich ähnelt sie einem Rolls-Royce. Woher der Motor stammt, wurde nicht verraten. Der Kommentar hob den Aspekt der „importsameschenie“ hervor, mit dem der Kreml nach der Besetzung der Krim die Zeit des Importersatzes einläutete. Der Schwerpunkt sollte auf Waren aus eigener Produktion liegen.

Nach kurzer Fahrt hielt der Wagen vor dem Großen Kremlpalast, wo die Vereidigung stattfand. 3.500 geladene Gäste hatten sich eingefunden. Mehr als üblich. Dafür – und das war eine weitere Neuerung – entfiel der sonst übliche anschließende Festakt. Der neue Präsident legte sein Gelübde auf die Verfassung in rotem Schafsleder ab und hielt eine Rede. Er sprach von der „kolossalen Verantwortung“, die er für jedem „von Ihnen“ und Russland habe. Er erinnerte an die Siege und Errungenschaften in der tausendjährigen Geschichte. Heute, so Putin, müsse Russland erneut historische Entscheidungen treffen, die das Schicksal auf Jahrzehnte im Voraus bestimmten.

3.500 geladene Gäste hatten sich zu dem Festakt eingefunden. Mehr als üblich

Das war eine Anspielung auf den russischen Sonderweg, mit dem der Kreml liebäugelt. Die Entwicklung einer eigenen Zivilisation zwischen Ost und West. Bislang hat das nie richtig geklappt. „Wir brauchen Durchbrüche in allen Sphären des Lebens“, sagte Putin. Dazu sei aber nur eine „freie Gesellschaft in der Lage“.

Nach der Rede kletterte Putin schnell von der Bühne und ging auf Gerhard Schröder zu, der in der ersten Reihe der Gäste wartete. Er begrüßte den Freund mit Handschlag. Schröder stand ganz vorn unterhalb des Rednerpultes. Flankiert von Ministerpräsident Dmitrij Medwedjew nebst Gattin, der mit der Ernennung des neuen Präsidenten vorübergehend kein Amt innehatte. Auch Patriarch Kyrill, Oberhaupt der Russisch Orthodoxen Kirche, stand daneben.

Die letzte Innovation des Festdrehbuchs fand unter strahlendem Himmel statt. Auf dem Sobornaja Platz traf Putin auf Volontäre, die seinen Wahlkampf mit bestritten hatten. Der Dank fiel beidseits herzlich aus. Kurz darauf schlug Wladimir Putin Dmitrij Medwedjew erneut zum Premier vor. Putin mag keine Experimente, deshalb bleibt er im Kreml und auch Medwedjew auf seinem Platz.

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