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Herzlichen Glückwunsch

Wie es kommt, dass wir uns selbst feiern? Stefan Heidenreichs Untersuchung „Geburtstag“ klärt uns auf

Voll frappierender Geschichten, ist das „Geburtstag“-Buch ein ideales Geschenk

Von Brigitte Werneburg

Stefan Heidenreichs Buch „Geburtstag. Wie es kommt, dass wir uns selbst feiern“ könnte man auf den ersten Blick für das ideale Geburtstagsgeschenk halten, das man immer schenken kann, egal wie gut oder schlecht man die Person kennt. Doch so einfach ist das nicht. Breitet seine anregend zu lesende Kulturgeschichte des Geburtstags doch einigermaßen komplexe historische, juristische, theologische und philosophische Sachverhalte vor dem Leser und der Leserin aus. Sie dürfen sich allerdings, dank der eleganten und dabei immer klaren Schreibweise, auf der Höhe der Debatte, also verständlich informiert fühlen. „Geburtstag“ ist unbedingt ein großartiges Geburtstagsgeschenk.

Und da sind wir schon mitten drin in der Frage, was es mit dem Geburtstag auf sich hat: Warum schenken wir überhaupt zum Geburtstag? Und wie sieht das ideale Geschenk aus? Warum kann das Buch des Kunst- und Medienwissenschaftlers ein solches sein? Zunächst: Geschenkt wurde schon immer. Sofern Geburtstag gefeiert wurde. Anfangs war das Geschenk ein Opfer und zwar an den persönlichen Genius oder Daimon, den Schutzgott, der dem Geburtstagskind bei seiner Geburt beigegeben war. Er war es, der gefeiert wurde.

Der erste Geburtstag der Literaturgeschichte, 204 v. Chr., stammt vom Dichter Plautus. Da war es in Rom schon üblich, dass Privatpersonen ihren Geburtstag feierten. In seiner Komödie „Pseudolus“ geht es jedenfalls dem Helden nur darum, reich beschenkt zu werden und damit vor den Gästen anzugeben. Insofern dem Zuhälter Ballio damit ein Herzenswunsch erfüllt wurde, waren die Gaben der Gäste schon mal richtig. Doch über die Wunscherfüllung hinaus soll das Geschenk im besten Fall noch überraschen.

Und genau das macht dann das „Geburtstag“-Buch von Stefan Heidenreich zum idealen Geschenk: Es steckt voll frappierender Geschichten. Wem ist schon klar, dass die Bezeichnung Jesu als Gottes Sohn zu seinen Lebzeiten wie zur Zeit der Niederschrift der Evangelien nichts Außergewöhnliches war? Denn der Kult der Geburtstagsfeiern der Cäsaren, die als göttlich galten, währte 400 Jahre. Und damit kam auch der Titel des Gottessohnes in die Welt, den nach „divi Julius filius“, also Julius Cäsars Sohn Octavian, auch Augustus, Tiberius, Domitian und schließlich Nero für sich beanspruchten.

Während die Römer Feste, besonders Geburtstagsfeste liebten, waren sie bei den Christen schlecht angesehen. Mit Ausnahme natürlich des Geburtstagsfests Jesu: Weihnachten. Ein Fest, das die christliche Kirche übrigens um etwa 400 nach Christus, als sie Staatskirche wurde, als „Tradition“ völlig neu erfand. Dass wir so zählen, erklärt sich über die windungsreiche Geschichte unseres Kalenders, die unbedingt zum Geburtstag gehört, wie das moderne Ich, das es für die Feier des eigenen Geburtstags braucht, und das wir uns als zeitliches Wesen vorstellen, das über Eigentum verfügt.

Wie letztere Auffassungen sich über die Jahrhunderte entwickelten, was der Ablasshandel und die Reformation zum Geburtstag beitrugen, oder der deutsche Kindergeburtstag zu seiner Internationalisierung, all das lässt sich bei Heidenreich erfahren. Dazu, was es mit dem Gratulieren auf sich hat oder den Ratgebern, und warum der Geburtstag im 19. Jahrhundert ein Erziehungsprogramm war, während er heute durch das Netz und die sozialen Medien wieder ganz neu definiert wird.

Stefan Heidenreich: „Geburtstag. Wie es kommt, dass wir uns selbst feiern“. Hanser Verlag, München 2018, 224 S., 19 Euro

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