: Der Meister der schwarzen Welle
Das Edith-Russ-Haus zeigt eine Ausstellung von Želimir Žilnik, einem in Jugoslawien geborenen Regisseur, eine Filmreihe gibt‘s auch
Von Wilfried Hippen
In den 60er- und 70er-Jahren gab es im europäischen Kino eine Reihe von Wellen. Jeder kennt die „Nouvelle Vague“, aber dass es in Jugoslawien zwischen 1969 und 1973 eine „schwarze Welle“ mit Filmen gab, in denen Sozial- wie auch Sozialismuskritik geübt werden konnte, ist weniger bekannt. Želimir Žilnik ist einer der Vertreter dieser Richtung. 1942 als Sohn einer serbischen Kommunistin in einem Konzentrationslager geboren, drehte er über 50 Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme.
In Oldenburg wird heute im Edith-Russ-Haus unter dem Titel „Želimir Žilnik – Shadow Citizens“ die weltweit erste Soloausstellung von Žilnik eröffnet und zu diesem Anlass läuft im Cine K am Freitag und Samstag eine kleine Werkschau des Filmemachers, der als Gast bei allen Vorführungen anwesend sein wird.
Mit seinem Langfilmdebüt, das passenderweise „Early Works“, also „Frühe Werke“ heißt, gewann er 1969 gleich den Goldenen Bären der Berlinale. Der Film ist nach den frühen Werken von Karl Marx benannt und in ihm erzählt Žilnik von den Hoffnungen der studentischen Jugend im Belgrad des Jahres 1968: Drei Männer und eine Frau fahren in einem klapprigen Auto durchs Land, um die Bevölkerung zu politischem Bewusstsein zu agitieren. In Oldenburg wird der Film am Samstag gezeigt. Davor läuft Žilniks 15 Minuten langer Debütfilm „Chronik der Landjugend im Winter“ aus dem Jahr 1967, in dem er Fiktion und Dokumentation mischte. Diesen Stil entwickelte er dann in vielen Filmen weiter.
So etwa in „Tito Among the Serbs for a Second Time“ aus dem Jahr 1994, der am Samstag gezeigt wird. Darin lässt er ein Double des 1980 gestorbenen Tito in Galauniform durch die Straßen von Belgrad spazieren und zeigt, wie Passanten reagieren. Als Vorfilm wird der 18 Minuten lange „Aufstand in Jazak“ aus dem Jahr 1973 gezeigt, in dem sich die alten Bewohner eines Dorfes an die Partisanenkämpfe im Zweiten Weltkrieg erinnern.
In einigen von Žilniks Filmen gibt es einen starken Bezug zu Deutschland. So hat er 1975 einen Kurzfilm mit dem Originaltitel „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten“ gedreht, in dem Heinrich Heines Gedicht „Lorelei“ in Bierkellern rezitiert und dazu kitschige altdeutsche Postkarten gezeigt werden. Und in „The First Trimester of Pavle Hromis“ erzählt Žilnik von einem 15-Jährigen, der in Deutschland aufgewachsen ist, aber zu seiner Großmutter in ein Dorf in Jugoslawien geschickt wird. Beide Filme laufen am Freitag.
Ausstellung vom 19. April bis 17. Juni im Edith-Russ-Haus, Oldenburg, alle Filme im Cine K:www.cine-k.de
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