Ohne Tickets und Bargeld

HVV meldet Rekorde bei Fahrgästen und Einnahmen. Der papierlose Nahverkehr ist das Ziel

Bis Ende 2018 sollen bereits 80 Prozent der 159 U- und S-Bahnhöfe im Verkehrsverbund barrierefrei ausgebaut sein

Von Sven-Michael Veit

Der Name ist noch recht sperrig. „Check-in / Be-out“ ist der Arbeitstitel für einen Testlauf für einen Hamburger Verkehrsverbund (HVV) ohne Papiertickets und Barzahlung. „Da muss unsere Marketing-Abteilung noch was Griffigeres liefern“, räumt HVV-Geschäftsführer Lutz Aigner ein.

Vorgesehen ist, dass Kunden künftig mit der HVV-App in Bus oder Bahn einchecken. Die App checkt bei Fahrtende automatisch wieder aus und ermittelt am Ende des Tages den günstigsten Fahrpreis, der vom Kundenkonto eingezogen wird. Im Juli startet der Testbetrieb in mehreren Bussen und Bahnen, bei Erfolg soll der gesamte HVV-Raum zügig einbezogen werden. Auch eine neue HVV-Card soll dafür sorgen, zum Beispiel Monatskarten im Internet oder am Automaten herunterzuladen: „Niemand muss dann mehr in den Servicestellen in der Warteschlange stehen“, so Aigner.

Das vergangene Jahr war für den 1965 gegründeten ältesten Verkehrsverbund der Welt erfolgreich. Im Jahr 2017 nutzten 780,7 Millionen Fahrgäste die Busse und Bahnen des HVV, das ist ein Zuwachs um 1,3 Prozent und neuer Rekord. Die Einnahmen aus Ticketverkäufen erhöhten sich sogar um 2,6 Prozent auf 847 Millionen Euro. Diese Mehreinnahmen von 21,5 Millionen Euro resultieren ungefähr je zur Hälfte aus Tariferhöhungen und Passagierzuwächsen.

Der Kostendeckungsgrad des Verbunds, dem 30 Verkehrsunternehmen in Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen angehören, liegt bei 73 Prozent, den Rest decken Länder, Kreise und Kommunen. Auch deshalb lehnt Aigner die Idee eines kostenlosen Nahverkehrs in Deutschland ab. Dann müssten die Steuerzahler auch noch für die Einnahmen von 847 Millionen Euro aufkommen: „Das ist unbezahlbar“, sagt Aigner.

Ebenso lehnt Aigner den Vorstoß ab, Schwarzfahren von der Straftat zur Ordnungswidrigkeit herabzustufen. Der Bundestag will darüber auf Antrag der Linksfraktion am Freitag debattieren. Eine reine Geldbuße ohne Haftandrohung würde das Risiko für Schwarzfahrer „kalkulierbarer machen“, fürchtet er, und damit Umsonstfahren attraktiver machen.

Ein großes Ziel für die nächsten Jahre ist die Barrierefreiheit. In diesem Jahr werden insgesamt acht U-Bahn- und drei S-Bahn Haltestellen ausgebaut. Bis Ende 2018 sollen bereits 80 Prozent der 159 U- und S-Bahnhöfe barrierefrei ausgebaut sein. „Zum 1. Januar 2022 müssen wir vollständig barrierefrei sein“, sagte Dietrich Hartmann, Co-Geschäftsführer des HVV. „Das schaffen wir.“