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Vandalismus ist auch nicht immer nur schön

Gerrit Frohne-Brinkmanns Arbeiten im Bremerhavener Kunstverein sind zum Teil sehr schön, bleiben aber zu allgemein

Von Radek Krolczyk

Ein häufig genutzter Hashtag bei Instagram und anderen sozialen Medien heißt #throwback. Markiert werden damit ältere Bilder, die an vergangene, meist alltägliche, persönliche Ereignisse erinnern sollen – die alte Wohnung in einer anderen Stadt 2014, der Urlaub in der Toskana 2015 oder der deutlich kürzere Haarschnitt von 2016. „Throwbacks“ ist auch der Titel einer sehr schönen Pola­roidserie, die Gerrit Frohne-Brinkmann derzeit in seiner Ausstellung im Bremerhavener Kunstverein zeigt.

Darauf zu sehen sind eigenartige prähistorische Szenen: ein halbnackter Mann mit langem Bart und einem Fellkittel, das Innere einer Höhle, ein Mammut. Ausgerechnet Polaroids, die sich selbst entwickelnden Fotos der 70er-Jahre, die in mehrfacher Hinsicht mit dem Bilderdienst Instagram zu tun haben. Instagram führt die Idee des unmittelbaren Fotos fort, bei dem auf die Aufnahme eines Ereignisses sehr schnell die Veröffentlichung folgt. Darüber hinaus hat sich Instagram bei Polaroid das beinahe quadratische Format, den weißen Rand und die beliebtesten ihrer Farbfilter abgeschaut.

Die Vergangenheit, die der junge Hamburger Künstler hervorruft, ist in zweifacher Weise reinszeniert: in den Dioramen eines kulturhistorischen Museums und mit den Polaroid-Aufnahmen dieser Szenen. Da sind Kinder mit langen Zöpfen in weißen Gewändern, ein Typ mit einer Fellweste, der einen Felsbrocken über dem Kopf hält und ein anderer, der auf dem Boden kniet und auf einen Riesenknochen eindrischt. Es ist wie im Film: weil man vom Setting nichts sehen kann und die Perspektiven individuelle sind, wirkt das seltsame Treiben der prähistorischen Gemeinschaft so, als sei es sowohl aktuell als auch authentisch. Teil von ­„Throwback“ ist auch eine Reihe von Pola­roids, die der Künstler von einem Diorama-Mammut aus unterschiedlichen Perspektiven aufgenommen hat. Die Bewegung, die darüber nun scheinbar in den ausgestopften Fellsack kommt, lässt das Mammut auf eine ganz absurde Art gegenwärtig werden. Geschichte, die vergangen ist, hat immer nur die eine Perspektive und ist unbewegt.

Frohne-Brinkmann ist derzeitiger Stipendiat des Bremerhavener Kunstvereins. Er wurde 1990 in Friesoythe, in der Nähe von Oldenburg, geboren und studierte an der Hamburger Kunsthochschule bei Andreas Slominski und Ceal Floyer. Frohne-Brinkmann hat zurzeit reichlich Erfolg. So werden seine Arbeiten in guten Ausstellungshäusern, der Hannoveraner Kestner-Gesellschaft, dem Hamburger sowie dem Dortmunder Kunstverein, gezeigt. Daneben stellt er in Galerien in Berlin und Zürich aus und gewann im vergangenen Jahr auf der Art Cologne den „Award for New Positions“.

Nun muss man leider sagen, dass der Rest der Bremerhavener Ausstellung ein wenig misslungen ist. Ganz so, als sei der zwar sehr junge, aber doch ausstellungserfahrene Künstler von den Räumen des Kunstvereins überfordert gewesen. Das inhaltliche Wollen scheint hier weit größer als das ästhetische Vermögen. Frohne-Brinkmann hat im Ausstellungssaal drei lärmende Sky-Tubes aufgestellt. In den Fußgängerzonen stehen sie zu Werbezwecken herum, unten ein Gebläse, oben ein bedruckter Stoffkörper. Dieser hier ist weiß, Besucher des Bremerhavener Einwandererhauses haben farbige Handabdrücke darauf hinterlassen, „Pseudo-Höhlenmalerie“ nennt Nora Sdun das in ihrer Einführungsrede. An den Wänden der Ausstellungsräume sind außerdem schwarze Rußspuren zu sehen, so wie man sie aus verwahrlosten Unterführungen kennt.

Auch mit einem Feuerzeug lassen sich Graffiti machen. Im kleineren Ausstellungsraum hocken zwei lebensechte Figuren an der weißen Wand und rußen sie voll. Es sind weder Junkies noch Angehörige einer Jugendkultur oder politische Aktivisten, sondern eine unscheinbare alte Frau und ein Kind. Die Idee, dass Werbeträger und Graffiti die Höhlenbilder von heute sind, ist recht schlicht, die Frage nach dem, was Vandalismus und was Kunst ist, sehr allgemein und bemüht.

Ausstellung bis 20.5., Kunstverein Bremerhaven

Der Autor ist Betreiber der Galerie K’

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