UNO: DER ZWANG ZUM KONSENS IST OFT NUR EINE AUSREDE
: Wie praktisch, wenn die USA blockieren

Der groß angekündigte, seit Jahren vorbereitete Reformgipfel der UNO kommende Woche in New York droht zu scheitern. Dies liegt an zweierlei: dem Widerstand der Vereinigten Staaten als dem mächtigsten UN-Mitglied gegen fast sämtliche Verpflichtungen in der Gipfelerklärung, aber auch der mangelnden Bereitschaft und am fehlenden Mut der anderen 190 Mitgliedstaaten, sich über diesen Widerstand hinwegzusetzen. In dieser Situation hat Generalsekretär Kofi Annan endlich einmal den angeblichen Zwang zum Konsens bei großen UN-Konferenzen in Frage gestellt und die „Courage“ der Mitgliedstaaten eingefordert, Mehrheitsentscheidungen notfalls auch gegen die Stimme der USA zu fällen.

Es ist schon frappierend, wie stark nicht nur Regierungen, sondern auch mit der UNO befasste Nichtregierungsorganisationen diesen Konsenszwang verinnerlicht haben, obwohl er nirgendwo in den UN-Regularien festgeschrieben ist und auch nicht in den Vorbereitungsdokumenten für den Reformgipfel. Zu Recht widerspricht der Generalsekretär der – auch in Deutschland verbreiteten – Behauptung, die Umsetzung von UN-Beschlüssen, die ohne Unterstützung der USA erfolgen, sei unmöglich. Viel zu häufig in der Vergangenheit diente diese Behauptung anderen Ländern als bequemer Vorwand, eigene Entscheidungen mit konkreten Handlungsverpflichtungen zu vermeiden.

Zudem sollte sich der „Rest der Welt“ nicht durch das Macho-Gehabe von Washingtons UN-Botschafter John Bolton beeindrucken und täuschen lassen. Nach dem Desaster im Irak und der Hurrikankatastrophe in New Orleans besteht eine große Chance, dass sich der gesellschaftliche Diskurs in den USA über die Klimaveränderung und über andere auch auf dem UN-Gipfel relevante Themen ändert. Dadurch könnte der Druck auf die Bush-Regierung wachsen, den Weg zu einer multilateralen Politik einzuschlagen. Konkrete Beschlüsse des UN-Gipfels könnten diese Entwicklung nur fördern. Dann würde sich auch zeigen, wer seine Reden ernst meint und wer nicht.

ANDREAS ZUMACH