: Noch dickere Luft
Umwelthilfe misst hohe Schadstoffe in Hamburg. Doch die Umweltbehörde sieht keinen Handlungsbedarf
Jürgen Resch, DUH
Von Sven-Michael Veit
Die Luft auf Hamburgs Straßen sei noch giftiger als bisher bekannt – behauptet zumindest die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Bei eigenen Messungen an 559 Stellen in 426 deutschen Städten wurden zum Teil erhebliche Überschreitungen der Grenzwerte für das Dieselabgas Stickstoffdioxid (NO2) nachgewiesen, darunter an elf Straßen in Hamburg. „Kleinkinder, Asthmatiker, Lungenvorgeschädigte, Alte und Kranke werden hier buchstäblich im Dieseldunst allein gelassen“, erklärt DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch: „Die Behörden müssen handeln und notfalls mit Dieselfahrverboten saubere Luft für ihre Bürger durchsetzen.“
Mit sogenannten Passivsammlern hat die DUH vom 1. Februar bis 1. März die Messungen durchgeführt. Diese hinsichtlich ihrer Genauigkeit umstrittene Messmethode bestätigte die offiziellen Ergebnisse: Die Schadstoffkonzentrationen an der Stresemannstraße und der Max-Brauer-Allee in Altona sowie der Kieler Straße in Stellingen und der Habichtstraße in Barmbek sind zu hoch. Darüber hinaus identifizierte die DUH sieben weitere Straßenabschnitte als zu hoch belastet. Für Hamburg sollte das zur Konsequenz haben, die an Stresemannstraße und Max-Brauer-Allee ab 1. April geplanten Dieselfahrverbote auf die gesamte Innenstadt auszudehnen, so die DUH.
Die Umweltbehörde des grünen Senators Jens Kerstan hält die DUH-Messungen für „nur begrenzt aussagekräftig“. Sie seien über lediglich 28 Tage vorgenommen worden und könnten somit „allenfalls eine Ergänzung zu den Daten des Hamburger Luftmessnetzes“ sein, sagt Behördensprecher Jan Dube. Dieses arbeitet seit 1984 mit 15 vollautomatischen Messstationen in der ganzen Stadt – 24 Stunden lang an 365 Tagen im Jahr ermitteln sie die Jahresmittelwerte für Schadstoffbelastungen in der städtischen Atemluft.
Nach Einschätzung von Fachleuten kann mit einer vierwöchigen Messung wie derjenigen der DUH in einem beliebigen Monat kein repräsentativer Jahresmittelwert erhoben werden. Nach Aussage des Umweltbundesamtes ist daher „ein Vergleich mit den in den Ländermessnetzen erhobenen Daten nicht möglich und auch nicht zulässig“. Der Sprecher der Umweltbehörde erklärt deshalb, die Umweltbehörde werde „an den beschlossenen zwei Durchfahrtsbeschränkungen festhalten. Weitere sind nicht geplant und auch nicht notwendig“.
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