PORTRÄT AARON HUNT VON FRANK HELLMANN : Ex-Disco-Boy
Es geschah in der 92. Minute und versetzte den 1. FC Nürnberg in Schockstarre: Nach formidabler Brustannahme per Dropkick knallte Aaron Hunt den Ball zum 2:2 in den Winkel. Die Bremer hatten dank zweier Hunt-Tore ihre Serie von 17 Pflichtspielen ohne Niederlage gewahrt.
„Da gehört auch Glück dazu“, sagte Hunt über seinen Last-Minute-Vollspannschuss. Das mochte ja bei seinem Schulter-Kopfballtor gelten (72.), aber mitnichten bei seinem sehenswertesten seiner bislang 18 Bundesligatreffer. „Er hat uns gerettet. Bei ihm funktioniert derzeit sehr viel“, sagt Trainer Thomas Schaaf, „wir hoffen alle, dass er das fortsetzen kann.“
Denn Hunt hat mit 23 Jahren das Auf und Ab der Branche schon hinter sich. Es gab Zeiten, da drohte der in Goslar aufgewachsene Sohn einer Engländerin als Randfigur abzukippen. Auf der Disco-Meile am Bremer Bahnhof hat man Hunt zeitweise genauso häufig gesehen wie auf dem Trainingsareal am Osterdeich. Er war mit 20 Jahren Vater geworden – mit der Mutter seines Sohnes ist er nicht mehr zusammen. Mittlerweile hat er eine neue Freundin und scheint stabiler geworden zu sein. Ist es Zufall, dass er nicht mehr so oft verletzt ist? Es gab Spielzeiten, da verbrachte er die Hälfte des Jahres im Krankenstand. Erst seit diesem Sommer ist Hunt ein wichtiges Element der neu geformten Werder-Offensive. Klaus Allofs, der Sportchef, behauptete stets, Hunt werde Werders nächster Nationalspieler. „Mein Handy ist empfangsbereit“, sagt derjenige nun, der von Joachim Löw zuletzt ob seiner Fortschritte gelobt wurde. Wenn die Nationalelf im November gegen Chile und die Elfenbeinküste testet, könnte Hunt das nächste Experiment sein.
Nach dieser Saison läuft Hunts Vertrag in Bremen aus. Die Geduld, die der Verein bisher mit ihm hatte, weiß er offenbar zu schätzen: „Ich bin jetzt acht Jahre bei Werder. Mit denen spreche ich zuerst. Alles andere wäre ja auch Schwachsinn.“