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Mehr Barock, weniger Hometrainer

Keinesfalls ein herkömmliches Konzert: Das US-Duo MGMT spielte am Dienstagabend im Berliner „Huxleys“ seine verspielte Variante von Synthiepop

Von Robert Mießner

Die Dunkelheit senkte sich unterhalb des akademischen Viertels. Mit gerade mal zehn Minuten Verspätung begann am Dienstagabend um 21.25 Uhr im Huxleys Neuer Welt in Berlin-Neukölln die Darbietung des US-Indietronic-Duos MGMT und seiner beiden Künstler Andrew VanWyngarden und Ben Goldwasser. Es war eine Darbietung, ein Auftritt, aber keinesfalls ein herkömmliches Konzert. Es war schon zu ahnen, irgendetwas würde anders sein an diesem Abend, anders als übliche Pop-Präsentationen. In der kurzen Wartezeit konnte man sofort bemerken, dass mittig, dort, wo zumeist das Schlagzeug stehen würde, ein hochkantiges Rechteck aufgebaut war. Es sollte eine tragende Rolle in der Performance von MGMT spielen. Links von ihm eine ausladende Synthesizerbatterie, daneben noch ein Keyboard. Das Schlagzeug war am rechten Bühnenrand platziert.

Es blieb dunkel noch, als der Keyboarder getragene Piano- und Cembalofiguren in den Zuschauerraum schickte und seinen Eröffnungschoral mit Elektronikschleifen verknotete, die er Maxisingles der mittleren Achtziger entnommen zu haben schien. Nach und nach betraten die Livemusiker die Bühne, erst danach die beiden MGMT-Gründungsmitglieder Ben Goldwasser und Andrew VanWyngarden. Goldwasser begab sich hinter die Synthesizerinstallation, VanWyngarden an den vorderen Bühnenrand. Es wurde Licht. Das Rechteck sendete einen purpurroten Farbton, grauer Rauch stieg auf; VanWyngarden vollzog eine abrupte Kehrtwendung, drehte kurz den Rücken zum Publikum, um sich noch einmal umzuwenden. Er trug dabei einen schwarzen Umhang und schwarze Hosen zu einem violetten Pullover. Sein Gesicht wirkte bleich, die Haare kohlrabenschwarz. Einem Vampir gleich, begann er seinen Vortrag. Was für eine Eröffnung!

Aus den Synthesizerschleifen wurde ein dezentes Pochen, und zu vernehmen war die erste Single zum neuen, vierten MGMT-Album. „Little Dark Age“ heißt sie, wie das kommende Woche erscheinende Album. Die bereits veröffentlichte Single hat absolut das Zeug zum Hit. Mit entsprechend frenetischem Beifall nahm das Publikum den Song auf. „Little Dark Age“ ist eine bewusst übertriebene Variante von Synthiepop.

Es könnte passieren, dass man sich an „Fade to Grey“ von Visage erinnert. Dazu haben MGMT ein grotesk-verspieltes Video veröffentlicht, das in Auszügen auf das Bühnenrechteck und die dahinterliegende Leinwand projiziert wurde. Die kunsthistorischen Zitate des Clips (dazu demnächst auf diesen Seiten) und einzelne Details – Apfel, Grammofon, Peitsche – waren nicht in Gänze auf die Bühne zu bringen. Es wäre auch schwer geworden.

Dann aber war Schluss mit der koketten Kajalhaftigkeit. So hatten MGMT den Auftakt ihres neuen Albums im Programm: „She Works Out Too Much“ ist musikalisch beschwingt, thematisch ernst. Der Song lässt sich als unfreundlicher Kommentar zu Strategien der Selbst­optimierung hören. Und tatsächlich stieg VanWyngarden während seines Vortrags auf einen wie von Zauberhand auf der Bühne platzierten Hometrainer und strampelte.

MGMT machen Theater, sie bekennen sich dazu. „Es ist gut, in Berlin David Bowie zu imitieren“, meinte VanWyngarden im Laufe des Konzerts, als die Aufmerksamkeit der Besucher einen Moment nachzulassen schien. Bei ihren Hits wie „Time to Pretend“, „Kids“ und „Electric Feel“ zog sie wieder an, und als am Ende der zweiten Zugabe plötzlich schrille Gitarrentöne in den Psychedelic-Barock-Pop von MGMT fuhren. Einzelne Zuhörer zuckten zusammen, dann begannen sie zu applaudieren. Das Rummelplatzcasino vor dem Huxleys, es leuchtet rot, blau und weiß, hätte noch auf der Bühne gefehlt.

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