Dominic Johnson über das ANC-Trauerspiel in Südafrika: Zahnlose Rebellion
Jacob Zuma ist immer noch Präsident von Südafrika. Dass diese Nachricht nicht selbstverständlich ist, deutet darauf hin, wie viel in der südafrikanischen Politik in Bewegung geraten ist: Die regierende ehemalige Befreiungsbewegung ANC hat sich bereits einen neuen Chef gegeben, und der ist in Wartestellung.
Umgekehrt bleibt jedoch festzuhalten: Jacob Zuma ist immer noch Präsident von Südafrika. Das deutet darauf hin, wie wenig sich in der südafrikanischen Politik tatsächlich bewegt hat. In Simbabwe und Angola schaffen es Regierungsparteien, die noch viel verkrusteter sind als der ANC, den Mann an der Spitze auszutauschen. In Südafrika geht derzeit nicht einmal das, obwohl die Zukunft des Landes davon abhängt, dass es nicht länger von einem Politiker mit 783 Korruptionsvorwürfen am Hals und einer abgrundtiefen Verbandelung mit privaten Unternehmerinteressen geführt wird.
Nach tagelangem Psychodrama an der Parteispitze beschränkt sich die Erneuerungskraft der einstmals meistrespektierten Befreiungsbewegung der Welt nun offenbar darauf, diesem korrupten Politiker einen Brief zu schreiben, in dem man ihm mitteilt, dass man ihn vom höchsten Staatsamt abberuft – und dann zu warten, was der Empfänger mit diesem Brief wohl macht. Es ist ein Armutszeugnis. Wenn der ANC so weitermacht, wird er 2019 die Wahlen verlieren, und zwar völlig zu Recht.
Sonderlich überraschend ist das nicht. Schon als der ANC sich im vergangenen Dezember einen neuen Parteiführer gab – Cyril Ramaphosa, an den sich nun alle Hoffnungen auf Erneuerung knüpfen – war klar, dass der Sieg über den Präsidenten nur ein halber war. Zuma-Unterstützer und Zuma-Gegner halten sich im Parteivorstand des ANC die Waage, und Politik gegen ihn kann damit aus der Partei heraus nicht gemacht werden. Es spricht nicht für die Führungsqualitäten von Ramaphosa, dass er das nicht rechtzeitig erkannt hat. Dem ANC stehen zweifellos noch mehr Krisentreffen ins Haus.
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