: Ein Klavier, ein Klavier …
Im Piano Salon Christophori in den Uferhallen huldigt man dem Hammerklavier. Bei einem Festival gibt es neben Strawinsky und Satie von ten Holt den „Canto ostinato“ zu hören: ein Versuch über den Schönklang
Von Thomas Mauch
Dass Musik, wie man sie spielt und wie sie gehört wird, eine Menge mit technischen Entwicklungen zu tun hat, dafür steht zum Beispiel Beethovens Klaviersonate Nr. 29. Man kennt sie auch als seine Hammerklaviersonate. So heißt sie natürlich nicht, weil das Stück nun hammerhart schwer zu spielen ist (tatsächlich galt sie lange Jahre als unspielbar), sondern weil damit eine ausdrückliche Besetzungsangabe gemacht wurde: Diese Sonate bitte nur mit einem Hammerklavier spielen und nicht etwa an einem Cembalo, das in diesen Tagen noch oft an Stelle des Klaviers in den bürgerlichen Wohnstuben zu finden war.
Einen schönen Ort, sich etwas eingehender mit historischen Hammerflügeln zu beschäftigen, hat man mit dem Piano Salon Christophori in den Uferhallen in Wedding. Hier finden sich massig Konzertflügel aus den unterschiedlichsten Epochen. Gegründet wurde der Salon von dem Arzt Christoph Schreiber, seinen Namen hat er von Bartolomeo Cristofori (1655–1731) geborgt, der als Erfinder des Hammerklaviers gilt. Das damals Neue: dass die Saiten mit Hämmern angeschlagen und so zum Klingen gebracht werden. Und nicht wie etwa beim Cembalo durch das Anreißen der Saiten mit Federkielen.
Die historischen Hammerflügel werden im Piano Salon Christophori zum einen restauriert, und zum anderen kann man sie dort hören, bei einem mittlerweile recht dichten Konzertbetrieb.
Von Sonntag bis Dienstag gönnt man sich in den Uferhallen dabei ein „kleines Klavierfestival auf 352 Tasten“, spielen werden Alexander Melnikov, Alexei Lubimov, Alexey Zuev und Slava Poprugin in unterschiedlichen Kombinationen. Beethovens Hammerklaviersonate allerdings steht nicht auf dem Programm.
Am ersten Abend gibt es Strawinsky (unter anderem mit „Le sacre du printemps“ in der Klavierfassung) und Schubert, am zweiten Abend geht es mit Mozart einerseits etwas weiter zurück in der Musikgeschichte, um dann mit Debussy und vor allem Erik Satie wieder beherzt in die musikalische Moderne zu springen, und am Dienstag zum Abschluss des Festivals steht der „Canto ostinato“ (1976) des niederländischen Komponisten Simeon ten Holt an.
Dieses Stück, das grundlegend auf das Mittel der Repetition setzt, ist schon deswegen interessant, weil die Zahl der Spielenden nicht festgelegt ist (im Piano Salon wird es an vier Flügeln aufgeführt) und den Interpreten dabei größtmögliche Freiheit gewährt wird: Die einzelnen Bauteile dürfen beliebig oft wiederholt werden. Prinzipiell kann sich eine Aufführung des „Canto ostinato“ also bis in die Endlosigkeit hinziehen.
Weil aber der Komponist bei den Motiven und Melodiepartikeln auf größtmögliche Gefälligkeit setzte, kann man den „Canto ostinato“ auch als einen hammerharten Versuch über den Schönklang hören.
Ein kleines Klavierfestival auf 352 Tasten im Piano Salon Christophori, Uferstr. 8. So.-Di., 20 Uhr, www.konzertfluegel.com
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