leserInnenbriefe

Harte Frauenarbeit

„Arbeitskleidung zu retten hat etwas Romantisches“, taz vom 13. 1. 18“

Dieses Interview hat eine wahre Bilderflut an Erinnerungen ausgelöst. Arbeitskleidung hat etwas ganz Persönliches, und sie ist sicher prädestiniert, ein Liebhaber*innen-Verhältnis zu begründen. Die „Romantik“ möchte ich aber doch gern um eine Facette ergänzen: Das früher mühsame Reinigen dieser Kleidung war lange Zeit harte Frauenarbeit! Beispielhaft für diese Handwerkerfrauen steht meine Oma Meta.

Oma Meta, geboren 1905, hatte Karl, einen Maler geheiratet! 1947 eröffnete Karl eine kleine Malereifirma in einem Dorf im Norden Schleswig-Holsteins. Nach einigen Jahren arbeiteten hier vier Männer. Und Oma Meta! Mitarbeiterin hätte sie sich nie genannt. Aber sie hatte viele Fäden in der Hand – und das wusste sie auch! Sie bestimmte das Erscheinungsbild des kleinen Betriebs: Neben der Ausleihe von Tapetenmusterbüchern und dem Verkauf kleinerer Farbmengen beriet sie die Kunden bei der Auswahl passender Tapetenleisten und Bordüren, notierte Aufträge, schrieb Rechnungen und – sie wusch und flickte die Arbeitskleidung: Malerjacken und -hosen, und auch die Schiffchen, eine Kopfbedeckung. Man war schließlich ein ordentlicher Betrieb!

Meine Erinnerungen beziehen sich auf die Zeit ab ungefähr 1965. Einmal in der Woche hatten die Maler bei Meta ihre Arbeitskleider zu wechseln, jeder hatte eine zweite Garnitur. Mittlerweile gab es eine Waschmaschine, die im Hinterflur, gleich an der Tür zum Hof stand. Der Standort war wichtig, da das bei der montäglichen Haushaltswäsche angefallene Waschwasser über einen grauen Kunststoffschlauch gleich durch die geöffnete Hintertür direkt in die Zinkwannen auf dem Hof geleitet wurde.

Am Montagabend waren nun die Jacken und Hosen mit geleerten Taschen bei Meta abzugeben. Sie kamen in die zwei mit Seifenlauge gefüllten Zinkwannen, alles wurde über Nacht eingeweicht. Am Dienstagmorgen wurde die geweichte Arbeitskleidung auf dem Waschbrett durchgerubbelt und vorgewaschen. Dabei lösten sich oft kleine Farbstückchen, die so nicht mit in die Waschmaschine gelangten, was zur Schonung derselben beitragen sollte. Dann kamen Jacken und Hosen in den Toplader. Das bedeutete, die schwere nasse Arbeitskleidung hochheben und das Heben ging aufs Kreuz.

Nun kamen die Waschgänge in der Maschine. Anschließend die Spülgänge. Wieder rausheben aus der Waschtrommel und zu zweit von Hand wringen. Vor dem Schleudern in der getrennten Schleuder musste möglichst viel Wasser aus der Wäsche rausgedreht sein. Die Wäscheschleuder war ein spannendes Gerät. Man öffnete den Deckel und gab höchstens zwei dieser dicken Wäschestücke in die aufrecht gestellte Trommel. Dann schloss man den Deckel und drückte ihn mit dem Gewicht des Oberkörpers kräftig zu. Mittels eines Fußschalters begann die Trommel sich zu drehen und aus einem Auslaufrohr schoss das Wasser. Die abschließend entwässerten und nun deutlich leichteren Jacken, Hosen und Schiffchen mussten „nur noch“ an die Wäscheleine, getrocknet, geplättet und gegebenenfalls an der Singer-Trittnähmaschine ausgebessert werden. Oma hätte der Arbeitsbekleidung nichts Romantisches abgewinnen können. Ihr Liebesverhältnis bestand eher zu der Waschmaschine.

Meta wurde 92. Bis 90 war sie voll fit, geistig rege und drahtig! Inken Kruse, Husum

Das ist nicht gerecht

„Wahlrecht schon ab 16?“, taz vom 25. 1. 18

Als ich gelesen habe: „Jugendliche müssen, etwa als Auszubildende, Steuern zahlen und sollten deshalb auch mitentscheiden dürfen, was mit diesem Steuergeld passiert“, bin ich zusammengezuckt. So wahr diese Aussage auch ist, weist sie doch auf das grundsätzliche Problem der repräsentativen Demokratie hin: Oskar Dennert, das kannst du trotz Wahl nicht! Bei der Wahl wählt man ein Paket. Und bei jeder Partei steht was Gutes im Programm und was Schlechtes. Entscheidend ist aber der Satz: „Das Recht der Jugendlichen wählen zu dürfen, würde sich positiv auf die Politik auswirken. Politiker würden die Jugendlichen als potenzielle Wähler ernster nehmen.“ Ganz genau! Alte Menschen, die schon ganz auf sich selbst fixiert sind, dürfen wählen, aber Jugendliche, die ihr Leben noch vor sich haben, müssen mit den Konsequenzen leben. Das ist nicht gerecht! Norbert Voß, Berlin

Bäume fallen

„Wo gebaut wird, darf die Säge kreisen“, taz vom 27. 1. 18

Claudius Prößer hat uns aus der Seele gesprochen!

Wir haben in Kreuzberg mit einem Bauvorhaben eine ähnliche Erfahrung gemacht. Auf einem Grundstück in der Blücherstraße fielen schon einmal kurz 50 Bäume einer wertvollen Parkanlage des Landschaftsarchitekten Rossow der Säge zum Opfer. Trotz Baumgutachten, das uns die Gesundheit der Bäume bescheinigte, trotz eines Einwohnerinnenantrags, von der BVV einstimmig angenommen, in dem unter anderem eine Bürgerbeteiligung vorgesehen war. Und nichts geschah! Die Ohnmacht, von der der Artikel spricht, die kennen wir gut. Ein Vorgehen des Bezirkes, das man als bürgerfeindlich bezeichnen könnte. Renate Stypinski, Werner Druskat, Kreuzberg