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Auf einen Rutsch vorbeigekommen

Kurz nach seiner Einwechslung sollte Ademola Lookman wieder runter. Doch der Leizpiger Stürmer schoss das 1:0 gegen Gladbach

Lookman hat den Ball im Blick – was ihn von manch anderem Akteur unterscheidet Foto: dpa/Becker

Aus Mönchengladbach Andreas Morbach

Es war in den vergangenen Tagen alles ganz schön hopplahopp gegangen für Ademola Lookman. Der Abschied vom Niederrhein jedoch fiel für den 20-Jährigen aus dem Londoner Stadtbezirk Borough of Wandsworth dafür umso gemächlicher aus.

Ein großer Feuerwehreinsatz vor dem Borussia-Park in Mönchengladbach verzögerte die Abfahrt des Mannschaftsbusses von RB Leipzig, hinter den getönten Scheiben des Vehikels konnte der Siegtorschütze der Sachsen den frühen Samstagabend daher noch mal in Ruhe Revue passieren lassen.

Zum Beispiel seine bizarren Rutschpartien auf dem Gladbacher Rasen. Vor allem aber den Moment, als er eine Minute vor Schluss zur Krönung eines eleganten Sololaufs zum entscheidenden 1:0 flach ins linke Tor­eck traf.

Das Tor wollte so gar nicht zu Lookmans Schlitterpartie passen, die er nach seiner Einwechslung zehn Minuten zuvor hingelegt hatte. Und es ist eine dieser wunderbar schrägen Geschichten, über die RB-Coach Ralph Hasenhüttl später nur ungläubig den Kopf schüttelte: „Ja, so ist der Fußball. Das war mal wieder typisch.“

Wegen Lookmans offenkundigen Standschwierigkeiten war Hasenhüttl drauf und dran, den Neuankömmling von der Insel sehr rasch von seinen Sturzserien zu erlösen. „Ich wollte ihn nach fünf Minuten schon wieder rausnehmen. Er und wir hatten Glück, dass er bei seinem Tor überhaupt noch auf dem Platz stand“, berichtete der Österreicher. Der Leihspieler vom FC Everton hatte erst am Donnerstagvormittag das erste Training in Leipzig absolviert.

„Erst rutscht er die ganze Zeit nur herum, und dann schafft er so einen geilen Einstieg“, staunte Leipzigs Mittelfeldspieler Diego Demme über den englischen U20-Weltmeister – der neben seinem Torriecher auch einen ordentlichen Dickschädel mit nach Deutschland gebracht hat.

„Es war allein Ademolas sture Entscheidung, nach Leipzig zu gehen“, verabschiedete Evertons Coach Sam Allardyce den Angreifer. Dazu passte, dass Lookmans neuer Trainer bei RB vergeblich versuchte, ihn vor der Partie in Mönchengladbach von einem Schuhwechsel zu überzeugen. Aus London hatte er nur ein einziges Paar Fußballschuhe mitgebracht – türkisfarbene mit Nockensohle. „Ich habe ihm schon beim Abschlusstraining gesagt, das funktioniert so nicht. Aber er wollte die nicht ausziehen. Dann habe ich ihn halt gelassen – was soll ich machen?“, erklärte Hasenhüttl schmunzelnd.

Der junge Mann, der einer weitgehend lauen Partie eine unerwartete Pointe verpasste, watschelte nach Spielschluss etwas ziellos über das grüne Geläuf. Es wirkte, als fühle er sich plötzlich, als sei er auf einem fremden Stern gelandet. Und etwas ungewohnt war die Premiere in der Bundesliga für Ademola Lookman tatsächlich. In Deutschland sei der Rasen „etwas rutschiger“ als in England, erzählte der drollige Stürmer mit der Zahnspange im Mund. Abgesehen davon bekräftigte er noch einmal, warum er für die nächsten dreieinhalb Monate unbedingt an RB ausgeliehen werden wollte. Der Fußball in der Bundesliga sei „technischer und cleverer“ als in seiner Heimat, betonte er. Das käme ihm gelegen, ebenso wie das Leipziger Gegenpressing. „Die Mannschaft ist sehr jung und ambitioniert, das hilft auch meinen Ambitionen“, sagte Lookman.

Ehrgeizig ist auch Ralf Rangnick. Den Sieg beim direkten Konkurrenten Mönchengladbach, der das Team wieder auf einen Champions-League-Platz hievte, goutierte Leipzigs Sportdirektor als „Sechspunktespiel“. Vor der Reise an den Niederrhein war Rangnick hingegen mit heftiger Kritik an der Jugendarbeit bei RB aufgefallen. Einen Ersatz für den verletzten Emil Forsberg hätte der perfektionistische Schwabe gerne aus dem eigenen Nachwuchs rekrutiert, wo sich aber niemand fand. Deshalb kam es schließlich zur Last-Minute-Verpflichtung von – Ademola Lookman.

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