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Die Rettung des Kinos

Das Metropolis in Hamburg hat sich der internationalen Filmgeschichte verschrieben. Sein denkmalgeschützter Kinosaal in einem Neubau wurde 1 : 1 wieder aufgebaut

Von Wilfried Hippen

Wer Filme im Kino sehen will, muss heute in den Keller gehen. Zumindest im Hamburger Metro­polis wurde ein früher einmal ebenerdiger Saal glatt ins Untergeschoss verbannt. Ein bisschen versteckt in einem schnöden Geschäftsgebäude, über den Seiteneingang ist er zu erreichen. Treppenhaus und Foyer sind in modernem Sichtbeton gehalten, im Kinosaal in der zweiten Unteretage lebt der Geist der 50er-Jahre –mit 270 Sitzplätzen im Parkett und auf dem Balkon.

Passend zu diesem unter Denkmalschutz stehenden Saal steht hier auch Filmgeschichte auf dem Programm. Und so will Geschäftsführer Martin Aust das Metropolis nicht nur als ein Kommunalkino, sondern auch als ein Filmmuseum verstanden wissen. In seinem Archiv stehen mehr als 5.000 Filme. Im Januar läuft eine Reihe mit Filmen von Liselotte Pulver und eine mit Screwball-Komödien aus dem Hollywood der 30er- bis 50er-Jahre. Anders als in fast allen anderen Kinos werden etwa die Hälfte der Filme immer noch analog auf 35-Millimeter-Filmen gezeigt.

Mit seiner nichtkommerziellen Ausrichtung gilt das Metro­polis als das Kommunalkino in Hamburg. Möglich wird das durch Subvention: Zwei Drittel des Budgets kommen von der städtischen Kulturbehörde, denn kaum eine Veranstaltung rechnet sich. Dabei sind die Besucherzahlen mit rund 45.000 pro Jahr über viele Jahre „extrem konstant“, erklärt Aust. Täglich gibt es drei bis vier Vorstellungen, im Monat werden bis zu 60 verschiedene Filme gezeigt.

Eröffnet wurde das Lichtspielhaus 1952 als ein Aktualitäten- und Non-Stop-Kino. Als erster Film wurde hier Fritz Langs „Metropolis“ gezeigt. Seither wurde an der Einrichtung wenig verändert. Durch den Denkmalschutz wurde mindestens das Kino gerettet, denn als das Haus 2008 abgerissen werden sollte, war dies nur unter der Bedingung möglich, dass die gesamte Inneneinrichtung des Kinos sorgfältig abgebaut, eingelagert und dann im Keller des Gebäudes wieder aufgebaut wurde.

Dafür wurde etwa die Wandbespannung, die im Original aus der Sitzbespannung eines VW-Käfers bestand, und die löchrig und leicht entflammbar war, auf den Originalwalzen aus einem neuen Material nachgebaut. Zur Bestimmung des genauen Farbtons gab es mehrere Konferenzen zwischen dem Bauherren und dem Denkmalschutzamt.

Im November 2011 wurde das Metropolis dann in den Kellerräumen wiedereröffnet. Die Bauherren sind heute stolz auf die aufwendige bauliche Besonderheit. Die Büroräume des Kinos sind in einer Zwischenetage untergebracht. Seine Nachbarn sind Mieter wie Vattenfall und die Xing AG. Dafür zahlt der Verein die gleiche Miete wie vor dem Umbau. Fünf Mitarbeiter sind hier angestellt. Der Trägerverein „Kinemathek Hamburg“ hat 850 zahlende Mitglieder. Mit einem Eintrittspreis von 7,50 Euro ist das Kino vergleichsweise günstig. In Bremen oder Hannover haben Kommunalkinos viel bescheidenere Budgets.

Das Metropolis setzt aber auch auf Kooperationen: So arbeitet es etwa auch mit der, in direkter Nachbarschaft liegenden, Staatsoper zusammen. Sodass schon mal das Kinoticket zugleich für eine Opernaufführung gültig war.

Mit seiner nichtkommerziellen Ausrichtung gilt das Metropolis als das Kommunalkino in Hamburg. Möglich wird das durch städtische Subventionen

Alle zwei Jahre gibt es das Maple Movies Festival mit Filmen aus Kanada und im letzten November liefen bei der India Week indische Filme –mit einer Retrospektive mit Filmen von Ritwik Ghatak. Vier 35-mm-Kopien wurden dafür aus Archiven in der Schweiz bestellt. Die Kosten lagen pro Kopie bei 300 Euro und dazu kamen noch 250 Euro Transportkosten. Zu den Vorstellungen kamen dann etwa 30 Besucher. So viel Aufwand kann sich das Kino nur im Rahmen von Kooperationen leisten. Wichtig ist dem Geschäftsführer, dass sich das Kino nicht bei der Auswahl der Filme reinreden lässt. Das passt nicht jedem. Weil das Konsulat der Volksrepublik China mit der Auswahl unfroh war, organisiert das Metropolis die Reihe China Time inzwischen lieber unabhängig.

Für das Filmfest Hamburg, das CineFest und andere Kurzfilm- und Dokumentarfilmfestivals wird das Kino schon mal vermietet. Auch Filmpremieren finden regelmäßig statt, vor allem von kleinen Filmverleihen, die in den anderen Kinos der Stadt keine Chance hätten.

Für die sei das Metropolis „die letzte Rettung“, sagt Geschäftsführer Aust. Jedes Jahr im Sommer veranstaltet das Kino außerdem noch ein kostenloses Freiluftkino auf dem Rathausmarkt.

Weitere Infos unter: www.metropoliskino.de

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