Sarah Wiener Die Zutat: Superfood, mit oder ohne Pinkel
Guten Tag, Herr Grünkohl – als Wienerin habe ich dich nämlich erst sehr spät kennengelernt. In Österreich kannte man ihn bis vor wenigen Jahren kaum. Ein ordentlicher Österreicher schaut den Norddeutschen fragend an, wenn er von Braunkohl, Krauskohl, Burenkohl und – ganz im Norden – von der friesischen Palme spricht.
Für mich ist es bis heute ein Mysterium, warum ausgerechnet Österreich keinen Grünkohl anbaut, obwohl unsere Äcker voll mit Weißkraut (Weißkohl) Kohlsprossen (Rosenkohl), Wirsing und Blaukraut (Rotkohl) sind. Die internationale Bekannt- und Beliebtheit hat der „kale“ in unseren Breitengraden allerdings erst durch die Gesundheits- und Gemüseliebe der Großstadthipster erfahren. Grünkohl ist ein „Superfood“: 100 Gramm enthalten eine Tagesration Vitamin C. Er hat wenig Kalorien, dafür jede Menge Antioxidantien und Flavonoide.
Der Wildkohl wuchs ursprünglich an der Küste, in Griechenland wurden noch bis vor 30 Jahren Wildkohlarten angebaut – heute findet man in den Läden dieser Welt fast ausschließlich gezüchtete Hybridkohlarten, nur in wenigen Regionen bemüht man sich um ursprüngliche, gehaltvollere Sorten.
Die Nordeuropäer essen den Grünkohl meist nur im Winter, am liebsten nach dem ersten Frost, weil sich dann die Stärke in Zucker umwandelt und den Kohl schmackhafter und süßer macht. Allerdings sind viele gesunde Bitterstoffe dann auch hinüber. In anderen Ländern ist man Grünkohl das ganze Jahr: Roh, in Salaten, mit Grapefruit oder Granatapfelkernen, frittiert als Chips, stark gewürzt mit Nelken und Zimt oder klein geschnitten mit rohem Fisch und Ingwer. Ich kenne eine Variante mit Curry und Frischkäse.
Beliebt sind in den letzten Jahren auch die grünen Smoothies geworden. Dann gern mit Banane oder einem Schluck Kokosnussmilch. Allerdings sollte man die enorme Kaloriendichte und die Belastung des Magens durch Smoothies nicht unterschätzen.
Die Köchin Sarah Wiener stellt hier jeden Monat eine ihrer Lieblingszutaten vor
In Norddeutschland zählt für die breite Masse ohnedies nur ein Gericht: Grünkohl mit Pinkel. Dazu ist eine Menge (Gänse- oder Enten-) Fett nötig, (manche sagen ein Drittel des Kohls), etwas Zwiebel und – je nach Familienrezept – diverse Gewürze und Kräuter. Dazu Würste vom Metzger des Vertrauens und ein guter, fetter Speck, der stundenlang im Grünkohl schmurgelt. Ich muss zugeben: Auch wenn man einen robusten Magen braucht, der Geschmack ist fantastisch. Zumindest dieses eine Mal haben die Norddeutschen den Ösis was voraus in Sachen Kulinarik. Guten Appetit.
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