Helke Ellersiek Vielerlei: Ein rechter Prof, ein entlassener Polizist und ein praktischer Ratschlag
Die Woche in der Stadt hat keinen angenehmen Blick auf die Verfassungstreue der Staatsbediensteten geworfen: Nachdem der Juraprofessor Thomas Rauscher auf Twitter von einem „weißen Europa“ fantasiert und sich abfällig über Afrikaner und Araber geäußert hatte, versammelten sich mehrere hundert Studierende auf dem Campus und machten ihrem Ärger Luft. Unter dem Motto „Rauscher, rausch ab!“ forderten sie die Entlassung des Beamten. Bereits in der Vergangenheit stand der 62-Jährige wegen umstrittener Äußerungen in der Kritik. Was nun folgen wird, ist fraglich, denn einen Beamten entlässt man nicht so leicht aus dem Staatsdienst, und Rauscher pocht auf seine Meinungsfreiheit.
Das hat einem Polizisten mit Neonazi-Tattoos vor dem Bundesverwaltungsgericht hingegen nicht geholfen. Zehn Jahre lang hatte sich das Land Berlin durch mehrere Instanzen geklagt und wurde den Polizeihauptkommissar einfach nicht los – trotz Fotos von ihm mit Hitlergruß, Führerfoto hinterm Wohnzimmerschrank und Mitwirkung an fragwürdigen CDs. Zum Verhängnis wurde dem Mann dann spätestens sein Tattoo auf der Brust: das verbotene Horst-Wessel-Lied, Hymne der NSDAP. Urteil des Gerichts: Beamte stehen in einem besonderen Dienst- und Treueverhältnis. Sie müssen sich zur Verfassung nicht nur verbal bekennen, sondern sie auch vertreten. Sein Verhalten sei als grundsätzliche und dauerhafte Abkehr von der Verfassung zu werten. Fazit: Der Mann darf rausgeworfen werden.
Einen Rauswurf aus dem Landtag würde sich manch einer auch für AfD-Rechtsausleger Björn Höcke wünschen, der sich am Samstag zu ebenfalls zweifelhafter Gesellschaft zur oben beschriebenen Konferenz nach Leipzig begibt. Mit Lutz Bachmann (verurteilt wegen Volksverhetzung) Martin Sellner (Chef der vom Verfassungsschutz beobachteten Identitären) und Björn Höcke (der jetzt ein eigenes Holocaustmahnmal vor dem Fenster hat) geben sich Pegida, Identitäre Bewegung und AfD ein rechtsnationales Stelldichein. Um die Koalitionäre völkischer Ressentiments freundlich daran zu erinnern, dass ihre braune Filterblase in der Stadt keineswegs die Mehrheitsmeinung repräsentiert, wäre am Samstag ein guter Zeitpunkt, sich an der Zivilcourage der Studierenden gegen ihren rechten Prof ein Beispiel zu nehmen. Tipp vom Profi: Ziehen Sie warme Socken an!
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