: Weiße Strafe für Sünden
Der erste Schnee bringt angeblich Chaos
Früher hieß die vierte Jahreszeit „Winter“. Heute heißt sie „Schneechaos“. So meldete die Nachrichtenagentur dpa gestern: „Wetterdienst gibt nach Schneechaos Entwarnung.“ Nach welchem Schneechaos? Da fallen zum ersten Mal in der kühleren Jahreszeit ein paar Schneeflocken, und dpa ruft gleich das „Schneechaos“ aus. Wie will denn die Schreckensagentur das erst nennen, wenn es wirklich mal ein bisschen schneit? Schneeapokalypse? Schneearmageddon? Schnee-Weltenbrand? Jahrzehntelang haben RTL und die Boulevard-Zeitungen daran gearbeitet: Sobald das Weiße von oben herabrieselt, ist es ein „Horrorwinter“. Angeblich versinkt dann das Land in Anarchie. Gesetzlosigkeit herrscht, wenn ein paar Autos nicht mehr anspringen. Inzwischen ist der Zustand der totalen Unordnung bei der sonst so seriösen dpa angekommen. Oder sind tatsächlich ganze Landstriche von der Zivilisation abgeschnitten? Sind viele Einwohner bereits erfroren und verhungert? Vermutlich scharen sich die Menschen da draußen bereits um abgerissene Wanderprediger, die in den vom Himmel fallenden Flocken ein Zeichen für den Weltuntergang sehen, der vom Allmächtigen als Strafe für ihre Sünden gesandt wurde. Wenn es nach der Chaostruppe dpa geht, wird es so kommen!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen