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Archiv-Artikel

„Immer noch aufrecht“

PROTESTCAMP Ab heute protestieren Erwerbslosen-Aktivisten vorm Jobcenter Mitte gegen Hartz IV

Von JPB
Michael Sauter

■ 42, bezieht seit sechs Jahren ALG II und gehört zurGruppe „Echte Demokratie jetzt“.

taz: Herr Sauter, Sie wollen das Jobcenter blockieren?

Michael Sauter: Wir machen eine dreitägige Mahnwache und werden dabei die Leute informieren und beraten. Aber niemand wird gehindert, ins Gebäude zu kommen, um zu einem Termin zu erscheinen.

Wozu das Ganze?

Es geht darum, die Vereinzelung aufzuheben und zu zeigen, dass auch außerhalb des Jobcenters bekannt ist, wie die Behörden mit Menschen und ihren Lebensperspektiven umgehen. Wir sagen, dass zehn Jahre Hartz IV genug sind. Und das sagen wir kämpferisch.

Kämpferisch?

Als Erwerbsloser hat man ein stressiges Leben, weil man neben den Bewerbungen seinen Mangel organisieren muss: Ich laufe rum wie Falschgeld, es gibt keine Umschulungen, keine Weiterbildungen. Aber trotzdem gehen wir immer noch aufrecht.

Werden Sie in der Kälte zelten?

Das ist nicht unsere Demonstrationsform. Das entspräche nicht der Situation und Stärke der Erwerbslosen-Bewegung.

Inwiefern?

Wenn man in die Erwerbslosigkeit gerät, wird man nicht mutiger. Manche verstecken sich und fürchten die Stigmatisierung. Dieses aktuelle Bremer Bündnis besteht aus Menschen von der Montagsdemo, dem Erwerbslosen-Verband und Leuten, die Blockupy-Frankfurt in Bremen fortsetzen wollen – das ist ein Neu-Anfang.

Was wäre eine Alternative zu Hartz-IV? Das bedingungslose Grundeinkommen?

Wäre das nicht nur eine andere Form der Elendsverwaltung? Die Diskussion um Alternativen läuft. Ich möchte zum Beispiel den Unterschied zwischen ehrenamtlicher Tätigkeit und wirtschaftlicher Produktion aufheben. Einige von uns haben die Position, dass Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ein universelles Menschenrecht ist. Die entsteht aber nicht dadurch, jede erdenkliche Arbeit annehmen zu müssen. Das schreibt oft nur die Perspektivlosigkeit fest. Interview: JPB

Mo, Di und Do ab 8 Uhr vorm Jobcenter am Doventorsteinweg 48