: Die Stimmung kocht
Die Fans der Queens of the Stone Age kamen am Samstagabend zum Feiern ins Velodrom. Und sie wurden weiß Gott nicht enttäuscht. Obwohl der Sound in den Rängen miserabel und die Kunst der Gitarren kaum zu hören war
Von Lorina Speder
Nach wenigen Minuten lassen sie sich schon mitreißen, die Fans der Queens of the Stone Age sind am Samstagabend zum Feiern ins Velodrom gekommen. Bei über 20 Jahren Bandgeschichte vereinen sich hier die Generationen während des ausverkauften Konzerts: Es sind alle Altersgruppen von zehn bis sechzig Jahre vertreten. „Will you dance with me?“, fragt Josh Homme, charmanter, und, egal was er macht, immer cooler Frontmann der Band die Masse. Große Euphorie, als er daraufhin „The Way You Used to Do“ aus dem neusten und inzwischen siebten Album, „Villains“, anstimmt. Die Hände gehen in die Höhe und unterstützen den abgehackten Riff, über dem Hommes melodiöser Gesang liegt. Der Song geht sofort ins Ohr, und auch Homme schwingt die Hüften im Salsaschritt.
Für die neueste Platte haben sich die Rocker aus Kalifornien mit dem englischen Hitproduzenten Mark Ronson zusammengetan. Durch den Briten sind die neusten Werke der Queens of the Stone Age ein ganzes Stück poppiger geworden. Doch die knackigen Songs passen zwischen den schweren Stoner-Hymnen der letzten Dekaden wunderbar ins Set. Zwar ist der Sound in den Rängen miserabel – die Gitarren wabern in einem Klangbrei vor sich hin, und die Toms des Schlagzeugs sind erst beim Drumsolo zu identifizieren – aber daran stört sich heute Abend keiner. Die Energie der Band macht alles wett: Die Band gibt über die knapp 100 Minuten alles. Sie steht zwischen glimmernden Leuchtstäben auf der Bühne. Neben weiteren Lichteffekten bleiben die Stäbe und von der Bühnendecke hängenden Neonröhren das einzige Showelement. Auf Screens, die alles vergrößert zeigen würden, hat die Band verzichtet. Homme im knallroten Oberteil wird von seinen vier Kollegen an Gitarre, Bass, Keyboards und den Drums umringt.
Troy Van Leeuwen, wie Homme an der Gitarre, gleitet im Moonwalk über die Bühne und lässt es sich nicht nehmen, aus der Bewegung heraus die knapp zwei Meter hohen Stäbe um sich herum anzutreten. Diese wedeln daraufhin wie Metronomzeiger hin und her und zerstören auf herrlich wirre Art und Weise den sonst so strengen Bühnenaufbau. Auch Homme stolpert an richtig lauten Stellen gerne mal in die leuchtenden Stäbe. Immer wieder spricht er zum Publikum: Berlin habe es ihm angetan, es sei eine der besten Städte der Welt. Auch wenn das eine beliebte Konzertfloskel ist, könnte man es ihm sogar abnehmen. Homme ist relativ oft in der Stadt. Erst letztes Jahr spielte er hier in der Band für Iggy Pops „Post Pop Depression Tour“. Mit den Queens of the Stone Age gab er zuletzt 2013 in der Zitadelle Spandau ein Konzert. Damals war alles auf der Bühne rot – sogar die Effektgeräte und Verstärker. Auch heute Abend ist das Bühnenbild oft in der Farbe von Hommes Haarschopf gehalten. So auch beim Klassiker der Band, „No One Knows“, kurz vor der Mitte des Sets. Nun tanzen auch die oberen Ränge, das gemütliche Sitzen hat ein Ende gefunden. Unten vor der Bühne werden schon regelmäßig Fans nach dem Crowd Surfing von den Securities aus dem Publikum gezogen. Die Stimmung kocht, die Becher fliegen durch die Luft. Auch der anschließende 17 Jahre alte Song „The Lost Art of Keeping a Secret“ aus dem zweiten Album, „Rated R“, feuert die Fans an.
Da wird die ruhige Soloperformance von Homme zu Beginn des neuen Songs „Villains of Circumstance“ zu einer willkommenen Verschnaufpause. Anschließend spielen sich die Queens of the Stone Age durch ihre Alben. Ist man gekommen, um die Hits der Band zu hören, wird man nicht enttäuscht. „Little Sister“, das radiotaugliche „Make it Wit Chu“ mit extra langem Intro und dudelndem Gitarrensolo und das dröhnende „Sick, Sick, Sick“ werden alle aufgeführt. Als vorerst letzter Song begeistert „Go With the Flow“ aus dem dritten und wohl bekanntesten Album, „Songs for the Deaf“. Als die Band daraufhin die Bühne verlässt, ahnt man es bereits vorfreudig: Schon bei dem Zitadellen-Gig vor vier Jahren konnte nur der turbulente und rockige „Song for the Dead“ den Appetit des Publikums stillen. Das hat man anscheinend im Hinterkopf behalten – Drumsolo und dramatische Pausenverzögerungen inklusive. Nach der Zugabe geht dann nichts mehr. Homme hält die vibrierend schreiende Gitarre mit einer Hand empor und platziert sie mit rumorendem Sound auf den Bühnenboden. Es quietscht und brummt kurz – das war’s also. Einmal Rock ’n’ Roll und Tschüss.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen