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liebeserklärungSchleswig-Holstein

Im Norden leben die glücklichsten Menschen in Deutschland, sagt der neue Glücksatlas. Woran das liegt? Daran, dass sie dort droben nicht mehr sein wollen, als sie sind

Warum? Das mag sich nun der Rheinland-Pfälzer fragen (Platz 10). Oder die Berlinerin (Platz 15). Oder der Brandenburger (Platz 18). Warum leben in Schleswig-Holstein die glücklichsten Menschen? Zum fünften Mal in Folge kam bei den Umfragen zum Glücksatlas heraus, dass dort oben die zufriedensten Einwohner dieses merkwürdigen Vielvölkerstaats namens Deutschland zu Hause sind.

Die Forscher kamen natürlich schnell mit simplen Erklärungen um die Ecke: Die Nähe zu Dänemark sei der Grund (die Dänen sind bekanntermaßen eines der glücklichsten Völkchen der Welt), im Dänischen und im Plattdeutschen gebe es schließlich mehr Ausdrücke für „Gemütlichkeit“ als im Hochdeutschen. Problem dabei: So unendlich viele sind es nicht mehr, die in Schleswig-Holstein Platt sprechen. Und Dänisch können noch weniger.

An den tollen Investitionen kann es auch nicht liegen. Schauen Sie sich mal die Straßen, Bahntrassen und den Nord-Ostsee-Kanal an! Das Wetter … ja, nein, lassen wir das. Die Heizkosten sind auch hoch. Verdammter Wind.

Trotzdem glaube ich dem Ergebnis des Glücksatlas sofort. Auch ich, der aus Nordfriesland kommt, möchte gerne wieder dorthin zurück.

Ich glaube, das Glück entsteht aus einer simplen Mixtur: Gerade richtig begabte Menschen wohnen in einer gerade richtig schönen Landschaft, in der nicht allzu viele andere, sondern gerade richtig viele Menschen leben. Heraus kommen dabei Typen wie ich, Typen wie Karlsson vom Dach, Typen, die sich selbst und ihre Umgebung auch gerade richtig finden.

Das reicht. Wat löpt, dat löpt. Und hier läuft’s doch. Einigermaßen. Übertriebener Ehrgeiz zeichnet den gemeinen Schleswig-Holsteiner eh nicht aus. Auch das führt zum Glück.

Der britische Musiker Fatboy Slim hatte auf einem Albumcover Ende der 90er mal einen richtigen fetten Kerl drauf, der lächelte verschmitzt und trug ein T-Shirt mit dem Spruch: „I’m number one so why try harder.“ Frei übersetzt: Ich bin die Nummer eins, warum also sollte ich mich noch anstrengen.

Bisher hat Schleswig-Holstein an den Autobahnen Schilder stehen mit der Aufschrift „Der echte Norden“ oder „Land der Horizonte“. Eigentlich sollte da „I’m number one so why try harder“ stehen. Jürn Kruse

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