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Lars Penning Filme aus dem Archiv–frisch gepresst

Die beiden ersten Versionen des deutschen Fantastik-Klassikers „Der Student von Prag“ zeigt das Filmmuseum Potsdam an einem Abend: Während Stellan Ryes Film von 1913 in der Geschichte des Studenten, der für Geld und Ansehen sein Spiegelbild an eine dubiose Mephistopheles-Figur verkauft und dem bösen zweiten Ich anschließend nicht mehr entrinnen kann, vor allem die fantastischen Elemente und die für die Doppelgänger-Szenen nötigen Kameratricks betont, setzt das 1926 in der Regie von Henrik Galeen entstandene Remake eher auf ein Charakter- und Gesellschaftsdrama. Besonders deutlich spürt man die Unterschiede in der Besetzung der Titelrolle: Der kantige Paul Wegener bewegt sich mit großer physischer Präsenz durch das an vielen Außenschauplätzen gedrehte Original, während der elegante Conrad Veidt dieser zerrissenen Figur, die nach Höherem strebt und am Ende alles verliert, im Remake die Aura eines grüblerischen Melancholikers verleiht („Der Student von Prag“ (Remake), 4. 11., 18 Uhr, „Der Student von Prag“ (Original), 4. 11., 20 Uhr, Filmmuseum Potsdam).

Nachdem sich die Bolschewiki in dem der Oktoberrevolution folgenden Bürgerkrieg durchgesetzt hatten, wurde die Filmindustrie im neuen Sowjetstaat zur Propagandamaschine: Inhaltlich pries man nun die radikale Umwandlung des feudalen Agrarstaates in eine moderne Industriegesellschaft und machte deutlich, welche Ungerechtigkeiten man überwunden hatte. Ästhetisch gehörten Regisseure wie Dziga Vertov und Sergej Eisenstein mit ihren Theorien und experimentellen Filmen allerdings zur internationalen Avantgarde: Einen Auftrag des Moskauer Sowjets nahm Dziga Vertov 1926 zum Anlass für seinen Montagefilm „Vorwärts, Sowjet!“, in dem er das Alte und das Neue in scharfem Kontrast gegenüberstellt. Das Alte, das waren Hunger, Kälte und Krankheiten, während die neue Zeit für Industrialisierung, Elektrizität und fließendes Wasser sorgt und jedem Menschen eine Aufgabe und einen Platz gibt. Dass den Auftraggebern der Film am Ende überhaupt nicht gefiel, war das Schicksal dieser künstlerischen Avantgarde, die mit Ausklang der 1920er Jahre aufs Abstellgleis geriet (7. 11., 21 Uhr, Zeughauskino).

Die Heroisierung der Oktoberrevolution betrieb nicht unwesentlich Sergej Eisensteins Film „Oktober“ (1928) mit seinen einprägsamen Bildern vom Sturm auf das Winterpalais. Tatsächlich war die Revolution wohl eher leise und friedlich abgegangen – doch das macht sich im Kino eben nicht so spektakulär (4. 11., 24 Uhr, Babylon Mitte).

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