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wortwechselDer Messias erscheint nur noch an der Börse

So soll die Zukunft beginnen? Mit Lindner, Trittin und toten Griechen?

Der Liberalismus

„Letzte Hoffnung FDP“, taz v. 21. 10. 17

Warum nicht ehrlicherweise gleich im hippen, fetten, neuen Layout auf Seite eins: „Letzte Hoffnung FDP!“ In bewährter Masche intellektuell aufgehübscht mit der Parole: „Auf zum Vereinigungsparteitag von Grünen und FDP!“Ich habe ja begriffen, dass linkes Denken hoffnungslos „yesterday“ ist, verkalkter Reflex der „Schattenjahre“, und dass leuchtende Zukunftsentwürfe heute von „tiefere(n) Ebene(n)“ philosophisch in „Mikrosekunde(n)“ ausleuchtenden „Player(n)“ wie der runderneuerten Lindner-FDP vorangetrieben werden. Nicht mehr lange, liebe taz Ex-Genossen, dann seid Ihr auf dem langen Weg durch die Institutionen endlich im Gelobten Land des grün-gelb angestrichenen Wirtschafts- liberalismus angekommen; da passt es gut, dass Unfried keine unnötigen Gedanken auf das vormoderne soziale Gedöns verschwendet! Rainer Sömisch, Dortmund

Messias Lindner

„Letzte Hoffnung FDP“, taz v. 21. 10. 17

Von Lindner erwartet Peter Unfried, dass „das Ganze einen großen Sprung macht“? Europa, insbesondere die Wirtschafts- und Energiemodernisierung sollen die zentralen Themen sein? Selbst wenn Unfried das wirklich meint, warum überprüft er das Neue Denken Lindners, der narzisstisch damit kokettiert, als kleiner Messias bezeichnet zu werden, nicht an zwei, drei seiner Positionen? Auch ein Chefreporter der taz hat das Recht, sich als FDP-Fan zu präsentieren. Dann erwarte ich aber, dass er diese Positionierung glaubhaft begründet. Nur weil Lindner die schwierigen politischen Was-Fragen mit der großen philosophischen Warum-das-Ganze-Frage wegwischt, erscheint ihm Herr Lindner bereits als kleiner Messias? Zitat: „Ja. So kann Zukunft beginnen. Genau so. Nur so.“ Das klingt nach totalitärem Geraune. Oder ist für Sie Lindner bereits der Große Messias?Friedrich Halfmann, Haltern am See

Er blubbert

„Letzte Hoffnung FDP“, taz v. 21. 10. 17

Oh, Göttin! Dass das inhaltsleere Geblubber des Herrn Lindner den Chefreporter Peter Unfried zu derartigen Lobeshymnen hingerissen hat, macht mir ernsthafte Sorgen. Oder war das etwa Ironie? Rainer Kandler, Bonn

Er entfesselt

„Letzte Hoffnung FDP“, taz v. 21. 10. 17

Lindner hat ja klar benannt, was nicht mehr geht und was stattdessen zu geschehen hat. Die Schuldenstaaten etwa, Griechenland vorneweg, sind keinen müden Euro mehr wert, die ollen Griechen gibt’s ohnehin schon viel zu lange, die sind nicht nur von gestern, sondern von vorvorvorgestern. Die vielen Selbstmorde von Griechen wegen der Not im Land sind kein Gegenargument, die kriegen’s eben nicht gewuppt mit der Zukunft, anders als der zukunftsgeile Christian, der mit seinem Porsche über die Autobahn brettert. Und vom Wort geht’s gleich weiter zur Tat, so in Nordrhein-Westfalen: Kaum ist die neue Regierung im Amt, schon wird flugs das Projekt „Wirtschaftsentfesselung“ angepackt – das hat selbstredend nicht der lasche Laschet angeschoben, sondern der stürmisch voranpreschende Christian. Unnützer und die Wirtschaft bremsender Sozial- und Ökoklimbim wird in der politischen Mülltonne entsorgt, so etwa die Regeln des Vergaberechts, die Sozis und Grüne beschlossen hatten – NRW und seine Gebietskörperschaften sollen nun nicht mehr Aufträge an die private Wirtschaft davon abhängig machen dürfen, ob in der Herstellungskette auch überall die Menschenrechte eingehalten wurden und Grundsätze des Umwelt-schutzes nicht verletzt wurden – „that was yesterday“! Jürgen Kasiske, Hamburg

Der liebe Jürgen I

„Geleitschutz oder Torpedo“, taz vom 21. 10. 17

Ulrich Schulte wärmt in seinem ganz-seitigen Beitrag über die aktuelle Rolle von Jürgen Trittin bei den Grünen erneut das Märchen auf, Trittin sei im Zweifel doch irgendwie „links“. Er war auf jeden Fall immer clever genug, so zu tun, als ob. Schulte erwähnt die Leitung Trittins der Finanz-Kommission, „die mit den Energiekonzernen einen Milliardendeal über die Endlagerung von Atommüll aushandelte“. Nur schade, dass er nicht dazu sagt, dass ebenjener Deal von gut 23 Milliarden Euro angesichts der Kosten von Zwischen- und Endlagerung, die sich (geschätzt) auf eine Summe zwischen 70 und 170 Milliarden Euro belaufen sollen, zu Lasten der Steuerzahler*innen geht. Konsequenterweise hat die grüne Bundes-tagsfraktion Ende 2016 den Gesetzesent-wurf zur „Neuordnung der Atommüllent-sorgung“ gemeinsam mit CDU/CSU und SPD gleich mit eingebracht und damit das im Atomgesetz bis dahin festgeschriebene Verursacher-Prinzip ausgehebelt. Soweit ich mich erinnere, machten die Kurse von RWE und Co, kaum war das Gesetz verabschiedet, einen deutlichen Sprung nach oben. Auf den Aktionärsversamm-lungen wurden, da jetzt ohne „Restrisiko“, üppige Dividenden beschlossen. Trittin hat für diese Form von „neoliberalem Staatskommunismus“ die Grundlagen gelegt. Rainer Scheffler, Bensheim

Der liebe Jürgen II

„Geleitschutz oder Torpedo“, taz vom 21. 10. 17

Sehr geehrte RedakteurInnen, ich halte die taz noch vor dem Spiegel und der Süddeutschen für die realistischste Zeitung in Deutschland, die es gibt. Manchmal geht mir aber auch beim Lesen der taz die Hutschnur hoch, wie bei dem Artikel über Trittin. Was soll eine solche Lobhudelei über einen alternden Abgeordneten, der schon mit seinem Dosenpfand nur Miese in die Staatskasse gebracht hat? Ihn als grünen Politiker so zu erheben, finde ich persönlich gar nicht gut. Erinnern wir uns an den Deal der Atomindustrie, da konnte die Kanzlerin wohl auf der Gewerkschafts-tagung gut vom „lieben Jürgen“ sprechen, der doch für sie als Vertreterin der Großkopferten in der Industrie-, Auto- und Atomwirtschaft einen „guten Deal“ erledigt hat. Nun braucht die Atom-industrie in der Zukunft nur 24 Milliarden für den Rückbau der alten abgeschalteten Meiler zu zahlen, und das auch noch in Raten über Jahre; wir Steuerzahler, vor allen Dingen unsere Kinder, werden noch mit weit über 200 Milliarden belastet. Davon könnten wir locker die Renten erhöhen, die Digitalisierung ausbauen sowie das gesamte Kranken- und Pflege-system renovieren. Aber, ich lese die taz trotzdem weiter, denn Ihr seid sonst gut!Lothar Tüttelmann, Freiburg i. Breisgau

Die Ungleichheit

„Welcher Lohn für gleiche Arbeit“, taz vom 25. 10. 17

Es ist ja schön, dass EU-Bürger aus einem anderen Land den gleichen Lohn bekommen sollen wie die einheimische Bevölkerung. Warum LKW-Fahrer da ausgenommen sind, ist mir aber schleier­haft! Es sollte heißen, gleicher Lohn für gleiche Arbeit! Nur so kann man dem Lohndumping einen Riegel vorschieben! Jeder Mensch sollte doch von seinem Lohn oder Gehalt leben können, egal wo er herkommt! René Osselmann, Magdeburg

Es ward Schäuble

Kühle Distanz“, taz vom 24. 10. 17

Wolfgang Schäuble – ein guter Bundes-tagspräsident? Dieser Mann hat unsere Finanzpolitik bestimmt. Er ist verant-wortlich, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht, für Kinderarmut und Niedriglöhne! Ihm ist es zu verdanken, dass die Griechen ausgeplündert werden, zugunsten unserer dicken Konten. Ich bin beschämt über solch einen zweiten Mann im deutschen Staat! Gerhard Kumm-Dahlmann, Hannover

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